"Sexueller Kindesmissbrauch war zur Zeit der Gründung der Beratungsstelle noch ein gesellschaftliches Tabu. Inzwischen ist das gesteckte Ziel, das Thema an die Öffentlichkeit zu holen und einen anderen Umgang damit zu etablieren, erreicht", sagte Regionspräsident Hauke Jagau am Donnerstag (16.10.) bei einer Festveranstaltung anlässlich des Jubiläums im Haus der Region. "Dennoch ist aber in weiten Teilen der Bevölkerung noch immer nicht vollständig angekommen, dass der soziale Nahraum für Kinder und Jugendliche keine Schutzzone gegen sexuellen Missbrauch darstellt. Deshalb ist die Arbeit der Beratungsstelle heute so nötig wie vor 25 Jahren."
Gegründet wurde die Beratungsstelle im Dezember 1989, um über den Schutz der Kinder und Jugendlichen zu informieren und Minderjährigen nach einem Missbrauch beizustehen. Mit der Zeit hat sich Einiges geändert: Stand anfangs fast ausschließlich der sexuelle Missbrauch von Mädchen im Fokus, ist heute etwa jedes dritte Opfer sexueller Gewalt ein Junge. "Weiterhin aber kommt Kindesmissbrauch flächendeckend in allen gesellschaftlichen Kreisen vor - fast immer kennen die minderjährigen Opfer die Täterinnen und Täter und sind mit ihnen verwandt, bekannt oder befreundet", so eine der beiden Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle, Silvia Bonk.
Im Laufe der 25 Jahre hat die Beratungsstelle knapp 1.800 Kinder und Jugendliche sowie deren Umfeld unterstützt - in den vergangenen zehn Jahren durchschnittlich rund 100 pro Jahr. Die große Mehrheit der ratsuchenden Minderjährigen ist zwischen 6 und 16 Jahre alt, in den meisten Fällen nehmen Sorgeberechtigte oder der Allgemeinde Soziale Dienst der Jugendämter Kontakt zur Beratungsstelle auf.
Ein Arbeitsschwerpunkt der Beratungsstelle liegt in der Information und Weiterbildung von Fachkräften in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, etwa in Kindertageseinrichtungen oder Schulen. "Kindesmissbrauch ist selten offensichtlich", sagt Silvia Bonk. "Wo die Grenze zwischen einem sexuellen Übergriff und normalen körperlichen Kontakt verläuft, ist auch für Fachleute mitunter schwer zu erkennen, zumal Kinder erwarten, dass das, was Erwachsene mit ihnen tun, auch erlaubt ist." Eine an Jugendliche gerichtete Broschüre der Beratungsstelle wirbt dafür, laut und deutlich "Stopp!" zu sagen, wenn sie Berührungen von Erwachsenen als unangenehm empfinden, und informiert darüber, wen in solchen Situationen weiter helfen kann.
Seit 2013 bietet die Beratungsstelle psychosoziale Prozessbegleitung nach den niedersächsischen Standards an. Damit ist die Region Hannover auf die geplante Erweiterung des Bundeskinderschutzgesetzes vorbereitet, nach der die Belastung von Jungen und Mädchen im Strafverfahren erheblich verringert werden soll. Darüber hinaus sollen Ermittlungsbehörden und Jugendämter enger kooperieren. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, wird die Beratungsstelle ab Herbst 2014 um ein halbe Stelle erweitert. Förderin der Beratungsstelle ist seit diesem Jahr die Stiftung Opferhilfe Niedersachsen.
Die Beratungsstelle gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen berät unabhängig und vertraulich. Das Angebot ist kostenfrei, auf Wunsch besteht die Möglichkeit der anonymen Beratung. Die Mitarbeiterinnen unterliegen der Schweigepflicht. Terminabsprachen sind während der telefonischen Sprechzeiten montags von 9 bis 10 Uhr und mittwochs von 10.30 bis 11.30 Uhr möglich. Telefon: (0511) 616-22160. E-Mail: BST-missbrauch@region-hannover.de. Weitere Informationen auch unter www.hannover.de.