- Der Palmölkonzern Korindo ist mit einer von ihm initiierten Klage gegen Rettet den Regenwald e.V gescheitert.
- Das Verfahren ist beendet, ohne dass sich die Klägerin mit auch nur einem Punkt durchsetzen konnte. Rettet den Regenwald e.V musste weder eine Unterlassungserklärung abgeben noch die geforderten Richtigstellungen veröffentlichen.
- Die Klägerin gab nach über drei Jahren Prozessdauer in einem auf Anregung des Gerichts geschlossenen Vergleichs alle Klageforderungen auf und verpflichtete sich drei Viertel der Prozesskosten zu zahlen.
Formal hatte die indonesische Firma Kenertec die Umweltschützer verklagt, allerdings betont, Teil der Korindo-Gruppe zu sein. Der Konzern wiederum hat niemals bestritten, die treibende Kraft hinter der Klage zu sein.
Die Klägerin gab schließlich im Rahmen eines auf Anregung des Gerichts geschlossenen Vergleichs alle Forderungen auf und übernahm drei Viertel der Verfahrenskosten.
Kenertec hatte gefordert, dass der Verein und ein Partner der US-Organisation Mighty Earth Aussagen zum Einsatz von Bulldozern und Feuer im Zusammenhang mit der Rodung von Regenwald widerrufen und zukünftig unterlassen. Das Gericht hatte jedoch bereits sehr früh deutlich gemacht, dass die Ansprüche auf Widerruf keine Aussicht auf Erfolg hätten. Schließlich deuteten die Richter mit Blick auf die klagende Firma sogar an, die Klage vollständig abzuweisen und regten den Vergleich an, mit dem das indonesische Unternehmen die Ansprüche aus dem beanstandeten Schreiben aufgab.
„Drei Jahre lang hat uns diese Klage beschäftigt und wertvolle Zeit geraubt. Es war ein Kampf David gegen Goliath. Es spricht Bände, dass Korindo keine seiner Forderungen durchgesetzt hat“, sagt Bettina Behrend, Erste Vorsitzende von Rettet den Regenwald e.V. „Nach unserem Eindruck war es eine Einschüchterungsklage. Sie sollte uns einschüchtern und andere Organisationen abschrecken. Es ist gut, dass Korindo mit diesem Versuch gescheitert ist.“
„Das Verfahren erfüllt eine Reihe von Kriterien einer Einschüchterungsklage, die die Europäische Kommission mit einer im letzten Jahr vorgeschlagenen Richtlinie bekämpfen will. Unter anderem hatte das Hamburger Gericht zwischenzeitlich erwogen, Zeugen in Indonesien vernehmen zu müssen. Es ist gut, dass die verklagten NGOs sich durch den Vergleich nun wieder ihrer eigentlichen Arbeit widmen können. Aber das grundsätzliche Problem derartiger Klagen bleibt“, sagt Roger Mann, Rechtsanwalt und Professor für Presserecht an der Universität Göttingen, der die Beklagten vertreten hat.
Regenwaldvernichtung in Indonesien kritisiert
„In Indonesien gehört Korindo zu den Firmen, die für einen großen Teil der Regenwaldzerstörung verantwortlich sind“, sagt Indonesienexpertin Marianne Klute, Vorsitzende von Rettet den Regenwald e.V.: „Auch wegen dieser Klage haben wir noch intensiver über Regenwaldzerstörung in der Provinz Papua berichtet. Wenn uns Korindo mundtot machen wollte, haben sie das Gegenteil erreicht. Wir stärken den Menschen in Indonesien den Rücken, dass auch sie gegen Korindo bestehen können und ihren Regenwald gegen die Firma verteidigen können.“
Petition mit 216.620 Unterschriften - EU-Richtlinie gegen Einschüchterungsklagen
Rettet den Regenwald e.V. hat nach dem Eingang der Klage eine europaweite Bewegung gegen Einschüchterungsklagen mitorganisiert und gehört zu den frühen Mitgliedern des europaweiten Bündnisses gegen SLAPP namens CASE. Diese Organisation hat Korindo 2021 den Negativpreis „Internationaler Rüpel des Jahres“ verliehen.
Eine Petition gegen Einschüchterungsklagen von Rettet den Regenwald e.V., dem Umweltinstitut München e.V. und Sumofus wurde von 216.620 Menschen unterschrieben. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission Věra Jourová nahm die Unterschriften persönlich in Brüssel entgegen und legte einen Entwurf einer Richtlinie gegen SLAPPs vor, der Klagen wie diese erschweren soll. Auch die Bundesregierung arbeitet an einem ähnlichen Gesetz.
Weltweite Solidarität mit Umweltschützern
International schlug die Einschüchterungsklage Wellen. Mehr als 90 Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen aus Deutschland, Europa, Lateinamerika, Afrika und Asien erklärten ihre Solidarität mit Rettet den Regenwald e.V. In einer Deklaration heißt es: „Wer Aktivisten und Organisationen verklagt, die sich für eine gerechtere Gesellschaft und die Natur einsetzen, attackiert uns alle!“
Die Klage von Kenertec ging am 20.12.2019 kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist beim Landgericht Hamburg ein, Prozessauftakt war am 22.1.2021. Durch Vergleichsbeschluss des Gerichts vom 21.2.2023 wurde das Verfahren nun beendet.