Allerdings sind dem Arbeitgeber beim Nachweis des Arbeitszeitbetrugs auch Grenzen gesetzt. Eine Grenze ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers. Um diese Grenze zu überschreiten, müssen schon sehr gute Gründe vorliegen. Das geht auch aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juni 2016 hervor (Az.: 16 Sa 1711/15).
Private Erledigungen am Dienst-Computer
Konkret warf der Arbeitgeber einem Angestellten vor, einen großen Teil seiner Arbeitszeit dafür zu verwenden, private Dinge zu erledigen. So soll er von seinem Dienst-PC aus Dispositionsarbeiten für die Firma seines Vaters erledigt und ein Computerspiel programmiert haben. Um ihm auf die Schliche zu kommen und Beweise für den Kündigungsgrund zu sammeln, setzte der Arbeitgeber einen sog. Keylogger ein. Damit lassen sich sämtliche Eingaben durch die Maus oder Tastatur protokollieren, überwachen und rekonstruieren. Dabei werden auch hochsensible persönliche Daten wie PIN-Nummer, Passwörter, etc. erfasst.
Damit sei der Arbeitgeber eindeutig zu weit gegangen, befand das LAG Hamm. Durch die heimliche Installation des Keyloggers sei in massiver Weise gegen das Grundrecht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen worden, so die 16. Kammer des LAG Hamm. Die Verwertung dieser heimlich beschafften Daten als Beweis für den Kündigungsgrund sei nicht zulässig.
Arbeitszeitbetrug ist grundsätzlich ein Kündigungsgrund
Arbeitszeitbetrug sei zwar ein wichtiger Grund, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne. Den Beweis für den Kündigungsgrund habe der Arbeitgeber allerdings nicht liefern können. Es sei immer im Einzelfall zu prüfen, ob die Verwertung der heimlich beschafften Daten mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar sei. Der Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung sei aber nur unter ganz besonderen Umständen geringer zu bewerten.
Das reine Interesse einen Beweis für den Kündigungsgrund zu sichern, reiche alleine dazu nicht aus, so die Kammer. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz dürfen zur Aufdeckung von Straftaten personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zu deren Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten am Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.
Arbeitsrechtliche Abmahnung kann als milderes Mittel geboten sein
Dies sei hier nicht der Fall, so das LAG. Selbst wenn ein begründeter Verdacht gegen den Mitarbeiter bestand, sei die Verwendung eines Keyloggers unverhältnismäßig gewesen. Der Arbeitgeber habe auch die Möglichkeit gehabt, offen und im Beisein des Beschäftigten auf dem PC vorhandene Daten auswerten zu können. Dies wäre ein milderes Mittel gewesen. Zudem wäre es dem Arbeitgeber auch zuzumuten gewesen, zunächst eine Abmahnung auszusprechen bevor zum Mittel der Kündigung gegriffen wird. Auch die ordentliche fristgerechte Kündigung sei daher nicht wirksam erfolgt, da schon mildere Mittel möglich gewesen wären, um die künftige Vertragstreue des Arbeitnehmers herbeizuführen.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist im Arbeitsrecht einer der häufigsten Gründe für rechtliche Auseinandersetzungen. Für die Wirksamkeit einer Kündigung ist u.a. auch der Kündigungsgrund entscheidend.
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