Der Studie zufolge leisten deutlich mehr als zwei Drittel der Ärzte – trotz erst im letzten Jahr tariflich festgelegter Höchstarbeitszeit – pro Woche 60 bis 80 Arbeitsstunden, in der Regel ohne Vergütung von Mehrstunden. Familie ist mit diesem Arbeitspensum kaum zu vereinbaren, obwohl dieses Thema für mehr als 80 Prozent der Ärzte wichtig ist. Von der täglichen Arbeitszeit entfallen bei zwei Dritteln der Ärzte bis zu drei Stunden auf Verwaltungstätigkeiten fernab vom Patienten. Bei 26 Prozent sogar noch mehr. Zudem arbeiten Klinikärzte in den neuen Bundesländern oft für weniger Geld mehr als ihre Kollegen in den alten Bundesländern.
Angesichts dieser Situation betonte der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Prof. Dr. med. habil. Jan Schulze: „Der massive ökonomische Druck führt zu einer Sinnkrise der ärztlichen Profession. Mediziner, die gerade wegen der engen Arbeit mit den Patienten den Arztberuf ergriffen haben, müssen täglich erleben, wie das Menschliche von Bürokratie und Reglementierung verdrängt wird.“
Im Ergebnis sinkt die Attraktivität des Arztberufes. Bereits jetzt fehlen laut Krankenhausgesellschaft Sachsen an sächsischen Kliniken etwa 150 Ärzte. „Freie Stellen können nicht nur aus ökonomischen Gründen, sondern oft aus Mangel an qualifiziertem Personal nicht nachbesetzt werden“ sagt Prof. Dr. sc. med. Wolfgang Sauermann, Vorstandsmitglied der Sächsischen Landesärztekammer und Chefarzt am Städtischen Krankenhaus Dresden-Neustadt. Eine der wesentlichen Aufgaben der praktischen Klinikarbeit ist aus seiner Sicht, die Kontinuität der Patientenbetreuung zu gewährleisten, trotz Einschränkungen und Bürokratisierung ärztlicher Arbeitszeit. So lehnt Prof. Sauermann beispielsweise alle Tätigkeiten seiner Ärzte ab, bei denen sie nicht mindestens zur Hälfte direkt mit dem Patienten arbeiten. Nur ein Beispiel für den täglichen Spagat zwischen ökonomischen Anforderungen und moralischem Anspruch in sächsischen Kliniken.