Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte am 22.11. berichtet, dass das Bundeskartellamt seine Aktivitäten zur Überprüfung von Kassenfusionen und der Erhebung von Zusatzbeiträgen einstellen wird. Hintergrund: Es fehlt an klaren rechtlichen Vorgaben, daher sind die Kartellwächter juristisch angreifbar.
"Wir brauchen ein Kartellrecht ohne Wenn und Aber. Und wir brauchen es heute, damit die gesetzlich Versicherten in fünf oder zehn Jahren noch eine genügend große Auswahl unter verschiedenen Anbietern haben", fordert Dr. Hans Unterhuber, Vorstandsvorsitzender der SBK. Das Argument gegen Kartellrecht, gesetzliche Kassen seien Körperschaften des öffentlichen Rechts und keine Unternehmen, sei zwar juristisch korrekt, aber es gehe völlig an den Realitäten vorbei. Unterhuber: "Das erste Kapitel der Finanzkrise hat gezeigt, dass es für die Gesellschaft nicht immer von Vorteil ist, wenn wenige systemrelevante Institutionen dominieren. Aber daraus im eigenen Land die Lehren zu ziehen fehlt wohl der Mut."
Anfang 2011 hatte die Bundesregierung erste Schritte in diese Richtung unternommen und im Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz AMNOG Elemente des Kartell- und Wettbewerbsrechts für Krankenkassen eingebaut. Nach diesen Regeln findet das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen (Kartellrecht) künftig auf die Einzelvertragsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern (z.B. Pharmaunternehmen, Krankenhäusern und Ärzten) Anwendung. Die Geltung des Kartellrechts soll verhindern, dass es z.B. durch den gemeinsamen Einkauf marktmächtiger Krankenkassen im Arzneimittelbereich auf Nachfragerseite, aber auch auf Anbieterseite zu unerwünschten, einer wirtschaftlichen Versorgung abträglichen Wettbewerbsbeschränkungen kommt. "Wir brauchen diese Regeln auch für Kassenfusionen", so Unterhuber.
Die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte mit der Bemerkung für Aufmerksamkeit gesorgt, 30 bis 50 Kassen würden völlig ausreichen. Dieser Grundsatz sei vielen Politikern zu Eigen, mutmaßt SBK-Chef Unterhuber. "Wettbewerb heißt aber, dass nur die Kunden bestimmen, welche Anbieter sie wollen und wie viele."