Boris Palmer ist in aller Munde. Denn er ist kein Politiker, der viel auf die berühmte „Political Correctness“ gibt. Öffentliche Auftritte ohne den vorgeschriebene Mund-Nasen-Schutz während der Corona-Pandemie wurden ebenso heftig diskutiert wie verbale Entgleisungen. Einige der umstrittenen Äußerungen Boris Palmers‘ waren zum Beispiel sein Facebook-Kommentar, in dem er schrieb, dass „wir nicht jeden nach Deutschland lassen können, der in Afrika kein Einkommen hat und aufgrund dessen hier Sozialleistungen beziehen will" oder auch die Worte, die er für Klima-Aktivistin Greta Thunberg übrighatte. Er bezeichnete sie als „minderjährige Messiasfigur“. Doch was sich vergangenen Freitag abspielte, überschritt endgültig eine Grenze.
Verbale Entgleisungen und mehrere Skandale
Da verstrickte sich Palmer so heftig in eine Debatte um das rassistische N-Wort, dass er im Anschluss selbst Konsequenzen zog. Am Dienstag verkündete er in einem Schreiben an die Beschäftigten der Tübinger Stadtverwaltung, eine Auszeit im Monat Juni zu nehmen „um professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen“. Bis dahin wolle er weiter den Aufgaben des Oberbürgermeisters nachgehen. Auf die Teilnahme an „Veranstaltungen, die Anlass zur Konfrontation bieten könnten“ wolle er allerding verzichten. Boris Palmer selbst sagt: „Auch wenn dieser Zeitraum sicher nicht ausreichen wird, um die vor mir stehende Aufgabe vollauf zu lösen, bin ich doch zuversichtlich, dass es mir gelingen wird, sie anzugehen, genug Abstand zu gewinnen und Kraft zu schöpfen“.
Rassismus ist keine Krankheit
Über diesen Schachzug wird nun diskutiert. Psychologin Prof. Dr. Sarah Seidl von der SRH Fernhochschule – The Mobile University, hat Ansätze dazu, welcher Art die genannte professionelle Hilfe sein könnte. „Es ist ein ungewöhnlicher Schritt, dass er sich zurückzieht und selbst beschließt, sich Hilfe zu holen, um Mechanismen der Selbstkontrolle zu erlernen. Auseinandersetzung mit sich und Selbstreflexion sind sicherlich ein guter erste Schritt. Man darf therapeutische Hilfe allerdings nicht als Feigenblatt verwenden. Rassistische Äußerungen sind nicht als psychische Störung zu klassifizieren.“
Tipps zur Impulskontrolle
Doch Impulskontrolle kann man trainieren. Wichtig sind hier die richtigen Strategien. Prof. Dr. Sarah Seidl rät: „… sich überlegen, in welche Situation gehe ich? Kann ich in dieser Situation gerade adäquat reagieren? Und wenn nicht: Was brauche ich gerade noch, damit ich es tun kann? Etwas zu trinken kann helfen, eine Minute für sich sein, eine kurze Entspannungsübung durchführen oder eine achtsame Atemtechnik… Wenn ich eine vorgefertigte Idee davon habe, was ich in bestimmten Situationen sagen kann, ist das eine enorme Stütze. Man kann sich in akuten Situationen auch einen kleinen Schmerzreiz setzen, zum Beispiel indem man sich sanft auf die Wange beißt. Das hilft auch schon, um die Energie zu lenken und zu sich zu kommen.“
Gute Krisenkommunikation
Ob es Palmer gelingen wird, künftig besser mit seinen Emotionen umzugehen, wird sich zeigen. Dass Auszeit und Rücktritt aus den Grünen angemessene Entscheidungen waren, kann Prof. Dr. Falk Tennert von der SRH Fernhochschule in Riedlingen begründen. Er ist unter anderem Experte in Sachen Krisenkommunikation und sagt zum Vorgehen Palmers: „Er hat Fakten geschaffen, die eine weitere skandalisierende Diskussion in der Öffentlichkeit zumindest reduziert. . Hätte er seine Person nicht aus dem Rampenlicht gezogen, wäre diese Diskussion, etwa im Rahmen eines Parteiausschlussverfahrens, noch viel größer gewesen. In der Akutphase einer Krise ist das nicht die schlechteste Maßnahme.“ Wie sich das Beben um den Tübinger Oberbürgermeister weiterentwickelt, bleibt abzusehen.
Die passenden Kommunikationsstrategien, auch für heikle Situationen, werden übrigens an der SRH Fernhochschule – The Mobile University vermittelt. Sollten Sie Fragen zu dieser Pressemitteilung oder an unsere Expert:innen haben, bin ich gern für Sie erreichbar.