Das Ziel des Bauhauses war nicht nur das einzelne Werk, das konkrete Haus oder die einzelne Siedlung. Es ging vielmehr darum, durch die funktionale Gestaltung dieser Räume das Leben vom Ballast der bürgerlichen Kultur des 19. Jahrhunderts zu befreien: Jeder sollte angemessenen Raum und mehr Zeit erhalten, um sich individuell entfalten zu können. Dieses Versprechen des Bauhauses wirkt bis heute.
Die gegenwärtigen ökonomischen und ökologischen Krisen stellen nun erneut die Frage nach der Lebensweise. Zu lange wurden Antworten nur von den Sozial- und Ingenieurwissenschaften erwartet. Der Lebensstil wurde als mehr oder minder individualisierte Konfektionierung des Lebens begriffen. Zwar sind die avantgardistischen Gestaltungsprinzipien des Bauhauses höchst erfolgreiche Geschäftsmodelle im Prozess der Modernisierung auf breiter gesellschaftlicher Grundlage geworden. Doch die kulturelle Globalisierung, die nicht mit der ökonomischen synchron verläuft, kündigt diese Übereinstimmung von kultureller Modernität und ökonomischer Modernisierung auf: Formale Einheitlichkeit und individuelle Vielfalt, "Standard" und "Elite" sortieren sich heute völlig neu.
Die Architekturhistoriker Sokratis Georgiadis von der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und Claude Lichtenstein aus Zürich fragen daher nach den historischen und aktuellen Bezügen von gestalterischen Entwürfen und sozialen Lebensweisen. Harry Lehmann vom Umweltbundesamt in Dessau und Mechthild Schmidt von der New York University untersuchen die komplexen Schnittstellen in den digitalen Medien, die reale und virtuelle Welt trennen. Sigrun Prahl, Architektin aus Berlin, und Gertrude Helm aus dem Stadtplanungsamt Aachen fragen danach, wie sich die Entfaltung von Sinnlichkeit mit den Systemen in Raumplanung und Gestaltung vermittelt. Ist IKEA mit seiner Ideologie des "demokratischen Designs" das Bauhaus von heute? Darauf antworten Karin Bruns von der Kunstuniversität Linz und Michael Mönninger von der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Julia Böge von q.e.d. Berlin fragt zum Schluss nach dem Zusammenhang von Mode und Moderne.
Konferenz Hochschule Anhalt (FH) und Stiftung Bauhaus Dessau 28. Mai 2009, 10.00 - 21.30 Uhr Stiftung Bauhaus Dessau, Aula, Gropiusallee 38, 06846 Dessau-Roßlau Eintritt frei, Konferenzsprachen Deutsch/Englisch in simultaner Übersetzung.
Programm 28.05.09
10.00 Begrüßung
10.30 Lebensweisen: Entwürfe und Praxis
Sokratis Georgiadis Kunstakademie Stuttgart
Claude Lichtenstein Kurator und Publizist, Zürich
12.00 Pause
13.30 Technik: Materialität und Kommunikation
Harry Lehmann Umweltbundesamt Dessau-Roßlau
Mechthild Schmidt New York University
15.00 Alltag: Sinnlichkeit und System
Sigrun Prahl Architektin und Publizistin, Berlin
Gertrude Helm Stadtplanungsamt Aachen
16.30 Pause
17.00 Gestaltung: Bauhaus und IKEA
Karin Bruns Kunstuniversität Linz
Michael Mönninger Hochschule für Bildende Künste Braunschweig
18.30 Pause
20.00 Stil: Mode und Moderne
Julia Böge q.e.d. Berlin