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Hauptkundgebung des 66. Sudetendeutschen Tages

Rede - Bernd Posselt - Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe

(lifePR) (München, )
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Bandabschrift einer frei gehaltenen Rede.

Liebe Landsleute, liebe Gäste, allein mit dieser Videobotschaft des stellvertretenden Regierungschefs der Tschechischen Republik, eines jungen, aufrechten, christlichen Familienvaters, der trotz einer schweren Erkrankung unermüdlich in der Politik tätig ist, hat dieser Sudetendeutsche Tag wieder ein kleines Stück Geschichte geschrieben.

Mein Freund Bělobrádek bemüht sich seit Jahren aufrichtig und kämpferisch um einen guten Kontakt und einen gerechten Ausgleich mit uns Sudetendeutschen. Er wird dafür in der Tschechischen Republik bis hinein in die Regierung durchaus auch kritisiert. Sein Stellvertreter, mein Freund Arnošt Marks, ist genauso mutig heute hier, wie Bělobrádek mutig seinen Gruß geschickt hat. Und wie heute der Bischofsvikar Eliaš aus Reichenberg mutig zu uns gesprochen hat im Namen der tschechischen Bischofskonferenz. Liebe Landsleute, es gehört heute noch in der Tschechischen Republik sehr viel Mut dazu, solche Schritte zu tun. Aber allzu viele versuchen, sich noch mit allen möglichen Ausreden darum zu drücken, und ich kann ihnen nur das Beispiel Bělobrádek empfehlen, der trotz oder vielleicht auch wegen seines Mutes gestern vom Parteitag in Zlín fast einstimmig wieder zum Vorsitzenden der Christdemokratischen Partei gewählt worden ist, wozu wir ihm herzlich gratulieren.

Liebe Landsleute, General Charles de Gaulle hat einmal vom Frieden der Tapferen gesprochen, und zum Frieden der Tapferen gehört auch, dass man mit den eigenen Reihen kritisch diskutiert. Dazu gehört nicht nur Mut vor dem Gegner, sondern auch Mut vor dem Freund oder auch vor dem Landsmann. Ich verstehe jeden, der unseren Reformkurs, den wir eingeschlagen haben seit Jahren und der belohnt wird mit immer stärkerem Echo in der breiten deutschen, europäischen und tschechischen Öffentlichkeit, zunächst einmal skeptisch sieht. Ich verstehe jeden, der mit guten Argumenten eine andere Meinung vertritt, als sie die gewählten Gremien und die Mehrheit unserer Volksgruppenorganisation artikulieren. Das gehört zu einer lebendigen Gemeinschaft und einer lebendigen Demokratie. Und vorgestern hat mich der Norddeutsche Rundfunk in einer Sendung gefragt, wie ich denn damit zurecht käme, dass nur 71Prozent der Bundesversammlung unseren Kurs unterstützen würden, denn was wäre denn mit den übrigen 30 Prozent. Und dann habe ich ganz klar gesagt zum Norddeutschen Rundfunk, hundert Prozent gibt es nur in der Diktatur. 71 Prozent sind für eine Demokratie ziemlich viel, liebe Landsleute. Selbstverständlich muss man sachlich diskutieren, wenn man unterschiedlicher Meinung ist, und die Stärke unserer Volksgruppe war immer die Einheit in der Vielfalt. Ich habe nicht nur vor denen Respekt, die ihre vernünftigen Argumente artikulieren, ich habe auch vor denen tiefen Respekt, die aufgrund ihres Schicksals und ihres Alters und dessen, was sie erleiden und erleben mussten, sagen, ich kann diesen Weg nicht mitgehen. Obwohl das so ist - und ich kenne solche Landsleute, ich habe Respekt vor ihnen - möchte ich vor allem den Medien, die gern von einem Generationskonflikt sprechen, einmal ganz klar sagen, die überwältigende Mehrheit unserer Erlebnisgeneration hat beginnend mit der Zeit unmittelbar nach dem Krieg - Charta der Heimatvertriebenen, Wiesbadener Abkommen vor 65 Jahren als Wegbereiter der Charta - bereits den Kurs eingeschlagen, den wir heute als Nachgeborene und als Erlebnisgeneration gemeinsam vorantreiben können.

Hut ab vor unserer Erlebnisgeneration, die trotz des schwersten Leidens und trotz schwerster Verwundungen diesen Weg geht, weil sie weiß - im Sinne eines Nie wieder - wir brauchen Ausgleich und Partnerschaft. Ich möchte aber auch ein kritisches Wort sagen, und das kritische Wort bezieht sich auf diejenigen, die weder zur Gruppe gehören, die sachlich diskutiert, noch zu denen, die aufgrund ihres persönlichen Leides zurückhaltend sind. Das sind diejenigen, die ganz bewusst versuchen, diese historische Umbruchsituation für irgendwelche Agitationen zu nutzen. Liebe Landsleute, dazu ist unsere Volksgruppe zu wichtig und zu kostbar.

Dieser Sudetendeutsche Tag zeichnet sich durch mehrere Besonderheiten aus. Eine Besonderheit sind die 70 Jahre, die seit der Vertreibung vergangen sind. Und ich möchte noch einmal auf etwas hinweisen, was ich vor einigen Jahren schon hier gesagt habe, weil es einfach stellvertretend ist für das Schicksal der vielen tausend Familien, die hier in der Halle repräsentiert sind. Es ist, weil ich das halt am besten weiß, das Schicksal meiner eigenen Familie. Der erste Posselt war im 13. Jahrhundert in Brünn nachgewiesen, und zwar als "Rudolphus Posoldi Filius", also da muss es davor zumindest schon einen gegeben haben. Im 16. Jahrhundert war ein Posselt der erste Bürgermeister von Reichenberg, und im 17. Jahrhundert hat mein unmittelbarer Vorfahr, Elias Posselt, den Ort Wiesental im Isergebirge, den Sie auch gut kennen, Herr Bischofsvikar, gegründet. Im Herbst 1946, als von Krieg schon über eineinviertel Jahre nicht mehr die Rede sein konnte, wurden sämtliche Posselts und ihre Verwandten und Freunde innerhalb weniger Stunden in einen Viehwaggon gepfercht und mit 30 Kilo Gepäck ins Niemandsland gefahren und dann irgendwo hinausgeworfen.

Man hat ihnen gesagt, das ist jetzt eure Heimat. In unserem Fall war das damals zuerst die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands. Nur dadurch, dass mein Vater, der in amerikanischer Gefangenschaft war, das Glück hatte, lieber Horst, nach Bayern in die amerikanische Zone entlassen zu werden, konnte er dann seine Familie zu sich nach Würzburg holen, wo er gelebt hat, und seitdem leben wir Posselts sozusagen in Freiheit.

Dieses Schicksal teilen Millionen von Landsleuten. Ich finde, man muss das so konkret deutlich machen, um ganz klar zu sagen: Die Vertreibung war kein Kollateralschaden des Zweiten Weltkriegs, sie war ein eiskalt geplantes Nachkriegsverbrechen.

Das heißt nicht, dass wir die Kausalität leugnen. Es ist völlig klar, dass wir uns dieser Kausalität stellten. Und, liebe Landsleute, sowohl der Herr Vikar als auch unser Freund Bělobrádek als auch andere haben die Worte aus dem Vaterunser benutzt: "Herr vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern".

Wir haben schon unmittelbar nach der Vertreibung - die Sprecher Lodgman und Seebohm und auch ich haben es mehrfach öffentlich getan - sehr klar gesagt, aber ich möchte es hier auch aus Anlass dieser Videobildbotschaft wiederholen: Auch unsere Volksgruppe und Angehörige unserer Volksgruppe haben schwere Schuld auf sich geladen in der Zeit des Nationalsozialismus. Wir stehen zu unserer Verantwortung für die Aufarbeitung dieser Schuld, denn jeder muss zunächst einmal vor seiner eigenen Türe kehren. Wir sind selbstverständlich entschlossen und bereit, diesen Weg gemeinsam mit einem tschechischen Volk zu gehen, das in demselben Geist sagt: "Herr vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern".

Liebe Landsleute, was ganz wesentlich ist: Es gibt keine Kollektivschuld. Herr Weihbischof, verehrte Geistlichkeit, wir alle wissen, Schuld ist eine rein persönliche Kategorie.

Wir sind schuldig gegenüber unseren Mitmenschen, wir sind schuldig vor allem gegenüber Gott, der uns durch den Tod von Jesus Christus am Kreuz von dieser Schuld erlöst hat. Kollektivschuld gibt es nicht. Aber Kollektivverantwortung. Es gibt nicht die Tschechen und nicht die Sudetendeutschen, es gibt nicht die tschechische Schuld oder die sudetendeutsche Schuld, es gibt individuelle Schuld, aber kollektive Verantwortung. Dieser Verantwortung stellt sich unsere Volksgruppe ohne Wenn und Aber. Unser Karls-Preis-Träger Max Mannheimer, Sie erinnern sich, vor einigen Jahren hatten wir die Ehre, ihm den Karls-Preis zu verleihen, ist in diesen Tagen, er ist jetzt über 95, regelmäßig im Sudetendeutschen Haus, hält dort Vorträge, macht Ausstellungen, ist aktiv in unserer Landsmannschaft, und Max Mannheimer, der Auschwitz- Häftling war und Dachau-Häftling und der der Vorsitzende der Lagegemeinschaft Dachau ist - Horst, Du warst erst vor Kurzem auch mit ihm zusammen in Dachau, mit der Bundeskanzlerin Merkel - Max Mannheimer hat den grandiosen Satz geprägt, "Ich kann nicht hassen". Das ist ein großes Geschenk, dieser Satz! Und ich muss sagen, deshalb habe ich solchen Respekt, auch vor denen hier, aus der Erlebnisgeneration, die Schreckliches erlitten haben, aber sagen, "Ich kann und will nicht hassen". Das war die Maxime unserer Landsmannschaft, liebe Landsleute, von Anfang an, und deshalb freue ich mich und empfinde das auch als Auszeichnung, dass die Landsleute, die am weitesten angereist sind heute unter uns, das ist das Ehepaar Jockel aus Tel Aviv. Herr Jockel ist ein Jägerndorfer Landsmann jüdischen Glaubens, und, liebe Jockels, ich freue mich, dass Sie heute unter uns sind. Es ist, wie ich glaube, ganz wesentlich, dass man 70 Jahre nach der Vertreibung nicht nur des eigenen Schicksals, der kollektiven und völkerrechtswidrigen Vertreibung gedenkt, sondern dass man daraus auch für die Gegenwart und für die Zukunft Konsequenzen zieht, wie das Landsmann Steffen Hörtler in seiner grandiosen Einführung, für die ich danke, und unser Jugendvorsitzender Peter Polierer mit seinem erfrischenden und klugen Grußwort der Jugend eindeutig ausgedrückt haben. Denn, liebe Landsleute, es geht ja hier nicht darum, dass wir Wunden lecken, das gehört auch dazu, es geht auch nicht darum, dass wir irgendwelche Schmerzen über die Generationen hinweg am Leben erhalten wollen, wie uns immer wieder unterstellt wird. Sondern wir haben mit Blick auf die Vertreibung ganz konkrete Anliegen.

Zum einen ist es für uns ganz entscheidend, liebe Landsleute, dass offen, ehrlich, ungeschminkt, ohne etwas zu verschweigen und ohne etwas zu beschönigen über das Verbrechen der Vertreibung gesprochen wird, im Sinne eines "Nie wieder". Nur wer die Geschichte ohne jeden Abstrich kennt, dokumentiert, in die Öffentlichkeit trägt, nur der kann erreichen, dass diese Verbrechen sich nicht immer wieder wiederholen.

Und deshalb ist der Blick auf unsere fast tausendjährige Geschichte in den Böhmischen Ländern, aber auch der Blick auf die kollektive Vertreibung unserer Volksgruppe nach dem Zweiten Weltkrieg, keine Vergangenheitsbewältigung, wie man oft sagt. Das wäre zwar auch legitim, warum nicht Vergangenheitsbewältigung, man tut das dauernd. Nein, es ist ein Dienst an der Zukunft, für den uns auch eine breite Öffentlichkeit einmal mehr Dank zollen sollte, als das oftmals der Fall ist. Aber es geht nicht nur um die Dokumentation der geschichtlichen Wahrheit, wobei die Älteren unter Ihnen als Zeitzeugen eine kostbare und unschätzbare Rolle spielen, sondern es geht auch darum, dass wir unsere Kultur nicht nur bewahren, sondern auch fortentwickeln wollen. Liebe Landsleute, hier sitzt die Landtagsabgeordnete Mechthilde Wittmann, die uns sehr engagiert unterstützt, sie ist eine von uns, und Mechthilde Wittmann ist die Tochter unseres Fritz Wittmann. Ich habe auf der der Sudetendeutschen Zeitung, die ausliegt - ich kann Sie übrigens auch ermutigen, sie zu abonnieren - einen Leitartikel geschrieben, da habe ich die Überschrift gestohlen bei Fritz Wittmann. Da ist nämlich die Rede von der "Wiederbelebung der Heimat", und liebe Landsleute, das ist der entscheidende Punkt. Eine Wiedergewinnung im Sinne von Grenzänderung, kollektiver Rücksiedlung oder so hält kein vernünftiger Mensch für möglich oder wünschenswert. Aber eine Wiederbelebung der Heimat in Partnerschaft mit den Menschen, die dort leben, ob es Tschechen oder in der Heimat verbliebene Deutsche sind, das ist es, was wir seit Jahrzehnten tun, in der sogenannten Volksdiplomatie und in unserer Kulturarbeit, etwa im Aufbau unzähliger Kirchen und Friedhöfe. Diese Wiederbelebung der Heimat zeigt, dass wir hier und in der Heimat unsere Kultur nicht nur museal aufbewahren wollen - das ist auch wichtig - sondern wir wollen sie lebendig und in den Formen der Zeit weiterentwickeln. Sonst ist sie tot.

Wer gestern Abend diesen jungen Volkstumsabend gesehen hat und auch in den Hallen bei den vielen Ständen war, der weiß, diese Volksgruppe braucht Museen, aber sie ist kein Fall fürs Museum, sondern sie ist lebendig und hat eine Zukunft vor sich. Dieses kulturelle Erbe verbindet in besonderer Weise die Generationen.

Ich war unlängst in einem Ort im Egerland, dem Ort, wo die europäische Idee geboren wurde, nämlich in Gestalt ihres Gründers Richard Graf Coudenhove-Kalergi, der da aufgewachsen ist - geboren ist er in Tokio, aber in Ronsperg aufgewachsen - und da geht es um den Wiederaufbau, wie Sie wissen des dortigen Schlosses, wo immerhin die Paneuropa-Idee, die europäische Einigungsidee, entstanden ist. Otto von Habsburg hat mal gesagt, "Böhmen hat ein Erstgeburtsrecht auf Europa", und das hat in besonderer Weise dieser kleine Ort Ronsperg. Das Schloss ist, wie Sie wissen, völlig zerstört, der Ort ist sehr stark verfallen, und es gab schon einmal eine Initiative, auch mit Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung, dieses Vaterhaus der Europaidee im bayerisch-böhmischen Grenzland auf böhmischer Seite gelegen, zu restaurieren. Das ist gescheitert damals am Widerstand der Bewohner von Ronsperg, die gesagt haben, um Gottes willen, das ist doch nur ein Versuch der Regermanisierung.

Also haben diese Menschen ganz starke Ängste. Und bei der letzten Kommunalwahl in der Tschechischen Republik hat sich unter Führung einer jungen Frau, Jana Podskalská, einer jungen Mutter, eine Bürgerinitiative gegründet. Die Bürgerinitiative wurde in den Gemeinderat gewählt, die Stadtspitze konnte nicht formiert werden, ohne diesen Koalitionspartner, ohne diese Bürgerinitiative der Jugend.

Und was haben die zum Programm gemacht? Die haben gesagt: Anders als unsere Eltern und Großeltern sind wir in diesem Ort geboren, und wir wollen die deutschen Wurzeln dieses Ortes, in dem wir leben und der unsere Heimat ist, entdecken, erkennen und gemeinsam mit den Vertriebenen und ihren Nachkommen wiederbeleben.

Und das ist jetzt angepackt worden von den jungen Leuten im Ort, die haben da nicht um Geld oder um Unterstützung gebeten, sondern um Partnerschaft, weil sie gesagt haben: "Eure Wurzeln sind inzwischen auch unsere Wurzeln, und wir wollen gemeinsam aus diesem Wurzelwerk ein neues blühendes Böhmen, Mähren, Sudetenschlesien, ein neues blühendes Mitteleuropa, ein neues blühendes Europa errichten.

Das, liebe Landsleute, ist Wiederbelebung der Heimat, hier bei uns, bei der Fortentwicklung unseres kulturellen Erbes, aber natürlich auch in der böhmisch-mährischschlesischen Heimat. Natürlich gehört weiter zu unseren zentralen Punkten der Kampf gegen das Unrecht, das unserer Volksgruppe bei der Vertreibung zugefügt wurde - ganz konkret, weil manche sagen, wir wollen dem ausweichen. Und, liebe Landsleute, da erleben wir Erfreuliches. Wir haben gerade dieses Grußwort des Vizepremiers gehört, aber das ist ja nur einer von vielen Schritten. Hier sind Anton Otte und Matthias Dörr von der Ackermann-Gemeinde. Sie haben vor ein paar Wochen einen Kongress in Brünn organisiert, bei dem ich wie fast jedes Jahr zu Gast war. Ich hab diesen Kongress genutzt, und die beiden auch, um intensive Gespräche mit der neuen Stadtspitze von Brünn zu führen. Es war schon damals für uns beeindruckend, wie der Oberbürgermeister Vokřál von der Partei ANO, das ist neben den Christdemokraten und den Sozialdemokraten die dritte Partei in der tschechischen Regierung, handelte. Hier ist übrigens der Kollege Daniel Korte von der Partei Top 09 von Fürst Schwarzenberg, dessen Anwesenheit ich ebenfalls mit viel Freude sehe, er vertritt die größte Oppositions-Partei, also es ist doch ein ziemlich breiter Konsens, denn seine Partei gehört auch zur Stadtspitze von Brünn. Und diese Stadtspitze von Brünn hat uns ganz klar gesagt, und der Oberbürgermeister Vokřál hat's da schon in ersten Schritten öffentlich gemacht, am nächsten Wochenende, also eine Woche nach dem Sudetendeutschen Tag, wird die Stadt Brünn am Samstag und unsere Landsleute von der Bruna am Sonntag, des 70. Jahrestages des Brünner Todesmarsches gedenken, bei dem Tausende von Brünnern ums Leben gekommen sind, mehr als 20.000 Brünnern unter entsetzlichen Leiden nach Niederösterreich getrieben wurden, wo dann noch einmal welche gestorben sind.

Und liebe Landsleute, der Oberbürgermeister Vokřál wird gemeinsam mit dem Kollegen Rudolf Landrock von der Bruna, den Spitzen der Südmährer wie Franz Longin, dem Präsidenten unser Bundesversammlung, Reinfried Vogler, und unseren Bundesvorstandmitgliedern in feierlicher Weise einen Zug einholen, von inzwischen wahrscheinlich Hunderten oder vielleicht sogar Tausenden von Tschechen und Deutschen, die den umgekehrten Weg bewusst gehen, von den Massengräbern in Drasenhofen und Pohrlitz bis nach Altbrünn, wo damals die Vertriebenen zusammengepfercht wurden im Hof des Mendelklosters um dann verjagt zu werden auf brutalste Weise mittels des Todesmarsches. Der Oberbürgermeister und wir werden gemeinsam diesen Zug einholen, womit die Stadt Brünn deutlich macht, was sie am Dienstag in einer Erklärung des Stadtrates verabschiedet hat. Es waren übrigens auch nicht 100 Prozent, sondern an die 70 Prozent, und sie hat in dieser Erklärung des Stadtrates ganz klar gesagt, wir verurteilen diese Vertreibung, wir bitten um Vergebung dafür, und was das Wichtigste ist, was vor ein paar Jahren noch nicht möglich war, als es ähnliche Versuche gab - von wirklichen Pionieren wie der interkulturellen Jugend in Brünn und von den Grünen und anderen, die das schon sehr früh initiiert hatten, lieber Milan und lieber Matthias - die Stadt Brünn hat klar gesagt, die Ursache für die Vertreibung war Kollektivschuld. Man hat Unschuldige vertrieben, nur weil sie deutscher Muttersprache waren. Diese Klarheit ist beeindruckend an der Erklärung der Brünner. Wir danken der Stadt Brünn für dieses Signal, und die Stadt Brünn hat auch das ganze Jahr zum Jahr der Versöhnung ausgerufen, und wir werden in den darauffolgenden Jahren noch mehrere Aktivitäten in Brünn entfalten, die momentan in der Verhandlung zwischen der Stadtspitze und uns sind.

Aber, liebe Landsleute, ich habe inzwischen von drei anderen großen tschechischen Städten Signale bekommen, dass es dort in den nächsten Monaten Ähnliches geben wird. Und das, obwohl diese Stadtväter von Brünn momentan auf das heftigste attackiert werden. Unter uns ist ein junger Vertreter, Landsmann Macek vom Regionalparlament von Südmähren, der uns diese Botschaft dankenswerter Weise überbracht hat. Ich danke ihm, ich danke den Brünnern, ich danke den vielen Städten, die da noch sich anschließen wollen oder mitwirken wollen, aber danken möchte ich auch einmal unserem hervorragenden Botschafter in Prag, der für all das wichtige Arbeit leistet, nämlich unserem Peter Barton. Das alles hast nicht zuletzt Du, lieber Horst, über die aktuellen Entwicklungen im tschechisch-sudetendeutschen Verhältnis hinaus, - und ich hatte die Ehre, Dich auf diesem ganzen Weg zu begleiten - durch Deine systematischen Bemühungen und Besuche in Prag angestoßen.

Vor einigen Wochen in Prag haben der Kollege Ludwig Spaenle, unser bayerischer Kulturminister, der tschechische Kultusminister Daniel Herman und ich, im bayerischen Büro in Prag, die Unterzeichnung eines Bayerisch-Tschechischen Kulturabkommens erleben dürfen, das nicht zuletzt unsere sudetendeutschen Aktivitäten und unser Kulturgut im Mittelpunkt hat, liebe Landsleute. Da sind wieder große, neue Arbeitsfelder da. Aber über all das hinaus müssen wir natürlich den Prozess geduldig vorantreiben, bis politisch auch die schwierigsten Dinge auf den Tisch kommen. Ich kann Ihnen ganz klar sagen, wir sind diplomatisch, wir sind klug, wir gehen Schritt für Schritt vor im Sinne der Devise von Otto von Habsburg, der immer gesagt hat: Wer den zweiten Schritt vor dem ersten tut, der fällt auf die Nase. Wir gehen natürlich geduldig Schritt für Schritt unseren Weg mit Horst Seehofer an der Spitze, der dies in großartiger Weise tut, aber Sie können ganz sicher sein, es gibt nichts, was wir vergessen oder verdrängen. Das hat auch Bělobrádek sehr klar gut ausgedrückt: Wir können einen echten Frieden und eine echte Partnerschaft im Herzen Europas nur erreichen, wenn wirklich alles auf den Tisch kommt.

Ich habe mit Milan Horáček zusammen eine Arbeitsgruppe gegründet, ein Unterforum des offiziellen deutsch-tschechischen Gesprächsforums, dessen Leiter, mein Freund Libor Rouček, unter uns ist, ehemaliger Vizepräsident des Europäischen Parlaments und ein Mitglied der tschechischen sozialdemokratischen Partei. Und diese Arbeitsgruppe "Dialog ohne Tabus" trifft sich regelmäßig in Reichenberg, um sich bereits über die nächsten Schritte Gedanken zu machen. Ich bin sehr optimistisch, dass dieser Weg gut weitergeht, aber wir dürfen uns dabei nicht selbst ein Bein stellen, wir müssen geschlossen bleiben, und wir müssen die Tassen im Schrank behalten, das sage ich ganz klar.

Und ein Letztes, liebe Landsleute. Unter uns ist unter dem Motto "Menschenrechte ohne Grenzen" neben Gerda Hasselfeldt eine Reihe von weiteren Bundespolitikern und Landespolitikern, an deren Spitze mein Freund Johannes Hintersberger aus Augsburg steht. Unter diesen Landes- und Bundespolitikern befindet sich einer, der das Thema "Menschenrechte ohne Grenzen" eigentlich zu seiner Arbeitsdevise gemacht hat, und das ist als Mitglied der Bundesregierung, unser Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller. Lieber Gerd, ich danke Dir für Deine kluge Politik, die die Menschenrechte weltweit und die Vertreibung und die Flucht weltweit, in einzigartiger Weise im Auge behält. Du sorgst dafür, dass unser Anliegen: nie wieder Vertreibung, nie wieder Krieg, dass das einfließt in das, was wir endlich brauchen, nämlich eine zusammenhängende Strategie der Europäischen Union, wie mit Vertreibungen und wie mit Krieg so umzugehen ist, dass sie gar nicht erst zustande kommen.

Natürlich brauchen Flüchtlinge Aufnahme, und Emilia Müller, unsere Schirmherrschaftsministerin, leistet auf diesem Gebiet Übermenschliches. Ich bin mit ihr viel unterwegs, und Emilia, wenn man mit Dir unterwegs ist, hast Du an beiden Ohren ein Telefon, wo Dir gerade eine neue Notsituation aus Bayern durchgegeben wird, die Du managen musst. Du machst das in grandioser Weise, und auch dafür wollen wir Dir mal herzlich danken. Aber über eines muss man sich im Klaren sein: Natürlich brauchen diese Menschen Aufnahme und Hilfe, und natürlich müssen Verfolgte von uns geschützt werden. Aber, liebe Landsleute, das ist genauso wie ein militärischer Einsatz der auch ab und zu sein muss, sozusagen als Feuerwehr. Die Feuerwehr muss man rufen, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Aber kluge Eltern sorgen dafür, dass das Kind gar nicht erst in den Brunnen fällt. Man kann nicht sagen, ist mir wurscht, ich hab ja die Feuerwehr, die kann ich rufen, wenn das Kind im Brunnen ist. Sondern kluge Politik ist, das Kind davor zu bewahren, in den Brunnen zu fallen. Dadurch macht man die Feuerwehr nicht überflüssig, aber vielleicht etwas untätiger.

Und, liebe Landsleute, genau diesen Weg müssen wir gehen. Wir müssen Nationalitätenkonflikte lösen, bevor sie ausbrechen. Wir müssen das Selbstbestimmungsrecht der Völker als universales Grundrecht durchsetzen, wir müssen Volksgruppen und Minderheitenrechte durchsetzen. Wir als Sudetendeutsche sind die Vorkämpfer eines europäischen Volksgruppenrechts, ich sehe meinen Freund Rudi Grulich und meinen Freund Ortfried Kotzian, die hier Vorbildliches leisten. Wir müssen die universalen Menschenrechte, darunter das Recht auf die Heimat, das ein unverzichtbares Menschenrecht ist, weltweit durchsetzen, im Sinne eines "Nie wieder" indem wir versuchen, die Verhältnisse zu gestalten, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Und das kann man am besten, wenn man Erfahrung hat; das kann man am besten, wenn man weiß, wie man Frieden stiftet und wie man Recht stärkt und wie wichtig völkerüberwölbendes internationales Recht ist. Und wenn man weiß, wie schmerzlich und schlimm Unrecht ist, und das man deshalb gegen alle Arten von Unrecht kämpfen muss Liebe Landsleute, diese Erfahrung hat unsere Volksgruppe machen müssen, und diese Erfahrung haben die Älteren unter uns am eigenen Leib machen müssen. Und deshalb wäre es ein Verrat an der Zukunft, einen Schlussstrich zu ziehen und zu sagen, die Sache ist erledigt, das Unrecht ist vergangen, Unrecht vergeht nicht durch Zeitablauf. Das was unsere Volksgruppe erlebt und erlitten hat, macht uns von der Familie, vom Lehrerberuf den viele Sudetendeutsche ergriffen haben, bis hin zu den politischen Spitzen, zu unverzichtbaren Fachleuten für Menschenrechte, für Heimatrecht, für Volksgruppenrecht und Selbstbestimmungsrecht. Deshalb wollen wir weitermachen, und deshalb wollen wir uns geschlossen und als lebendige Volksgruppe einbringen in einen Prozess, der dafür sorgt, dass möglichst wenige Kinder in den Brunnen fallen. In diesem Sinne verstehen wir dieses Motto "Menschenrechte ohne Grenzen".

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