Vordergründig geht es zunächst nur um die notwendige Umstufung eines Cannabisextraktes, für den inzwischen ein Zulassungsantrag eines britischen Unternehmens vorliegt. Cannabisextrakte sind im Gegensatz zu der Monosubstanz Dronabinol bisher noch nicht verschreibungsfähig. Tatsächlich aber wird in einem Zusatz ein Monopol für das britische Fertigarzneimittel auf Jahre hinaus festgeschrieben. Hierdurch wird die Anwendung von Cannabisextrakt in Form von Rezepturen blockiert.
Generell sind Rezepturen ein fester Bestandteil der Verschreibungen in Deutschland, da sie im Gegensatz zu Fertigarzneimitteln individuell an den jeweiligen Patienten angepasst werden können, bzw. die Anwendung eines bestimmten Wirkstoffes überhaupt erst ermöglichen und somit einen wesentlichen Faktor für die medikamentöse Versorgung der Patienten darstellen. Dosierung und Applikation sind frei wählbar - ein wichtiger Punkt insbesondere für schwerstkranke Kinder, für die es wenig zugelassene Medikamente gibt.
Ausserdem sind Rezepturen meist deutlich kostengünstiger als Fertigarzneimittel mit dem gleichen Wirkstoff. In Deutschland stellten die rund 21.000 Apotheken im Jahr 2009 etwa 16 Millionen Rezepturen allein für Patienten der gesetzlichen Krankenkassen her. Das Spektrum reicht dabei von der homöopathischen Hautsalbe bis hin zur sterilen Zytostatikarezeptur für die Chemotherapie in der Krebsbekämpfung.
Arzt und Apotheker arbeiten dabei eng zusammen, um eine maßgeschneiderte Lösung gerade für Patienten mit seltenen und sehr schwierigen Krankheitsbildern zu gewährleisten. "Kommt die Beschränkung auf Fertigarzneimittel bei Cannabisextrakten bleiben viele schwerstkranke Patienten unversorgt, zudem wird die Cannabinoidforschung in Deutschland erschwert" warnt Rönitz.
Tatsächlich besitzt das englische Fertigarzneimittel nur eine Zulassung für die Behandlung schmerzhafter Spastiken bei Multiple Sklerose. "De facto würde durch die Annahme des bisherigen Entwurfes eine Monopolstruktur zementiert und dem angestrebte Wettbewerb im Gesundheitswesen auf diesem Gebiet die Grundlage entzogen" kommentiert Rönitz. Die zu erwartenden Mehrkosten für das Gesundheitssystem könnten dadurch in zweistelliger Millionenhöhe liegen bei gleichzeitiger Verschlechterung der Patientenversorgung.