Unterdessen hat sich Alejandro Quintana gegenüber der Presse in einer umfassenden persönlichen Erklärung zu den Vorwürfen geäußert. Hier der Wortlaut:
Persönliche Erklärung zum Vorwurf der Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR
Am 23. September 2008 wurde ich um 17 Uhr von einem Journalisten mit dem pauschalen Vorwurf konfrontiert, für die Staatssicherheit in der DDR gearbeitet zu haben. Bisher kenne ich konkrete Details nur aus der Presse.
Hiermit möchte ich meine Sicht auf die Dinge schildern, die sich vor 30 Jahren ereignet haben:
1974 musste ich nach dem blutigen Militär-Putsch gegen die Allende-Regierung aus meiner Heimat Chile fliehen. In Chile war ich meines Lebens nicht mehr sicher. Die DDR bot mir politisches Asyl an.
1978 erhielt ich zu Hause Besuch von zwei Männern. Sie stellten sich als Mitarbeiter des Ministeriums für Inneres vor und baten mich um ein Gespräch. Für mich waren das Vertreter des Landes, in welchem ich (und viele meiner Freunde) aufgenommen wurden, als wir in Lebensgefahr waren. In dem Gespräch ging es hauptsächlich um die allgemeine politische Weltlage. Es kam bei mir jedenfalls nicht der Verdacht auf, ich solle zu irgendwelchen geheimdienstlichen Aktivitäten überredet werden.
Es kam zu weiteren Gesprächen, die sich um die politische Lage in der Welt, in Chile und um meine Arbeit am Theater drehten. Auch ich stellte viele Fragen zum Leben in der DDR, fragte, warum so viele Menschen in diesem Land unzufrieden waren. Für mich bot sich die Möglichkeit, angesammelte Fragen zu stellen über Fehlentwicklungen des sogenannten realen Sozialismus. Beiläufig streuten die Ministeriumsmitarbeiter Fragen nach meinen Landsleuten ein.
Im Laufe der Gespräche kamen immer mehr Fragen nach meinem privaten Umfeld auf, was mir seltsam vorkam. Ich sagte den Mitarbeitern, dass ich vor einer Fortführung der Gespräche eine Unterredung mit den Genossen des Comité Chile Antifacista (das war die Dachorganisation der chilenischen Emigranten) haben wolle. Da die Mitarbeiter des Ministeriums das nicht für nötig erachteten, ich aber darauf bestand, wurde der Kontakt von meiner Seite aus abgebrochen. Unter verschiedenen Vorwänden bin ich den Gesprächen ferngeblieben. Es wurde immer wieder der Versuch unternommen, mich in weitere Gespräche zu verwickeln. Ich ließ mich jedoch nicht darauf ein, was man auch den Artikeln entnehmen kann, die aus den Akten zitieren. Und so verliefen diese Kontaktversuche im Sande.
Dass ich als informeller Mitarbeiter geführt wurde, ist mir bis jetzt unbekannt gewesen. Von den Decknamen erfuhr ich erst aus der Presse.
Ich verwahre mich entschieden gegen den Vorwurf, meine Landsleute bespitzelt zu haben.
Nach der Wende habe ich an mehreren Theatern (also im Öffentlichen Dienst) gearbeitet. Es fanden mehrfach Untersuchungen zu eventuellen Verbindungen zur Staatssicherheit statt (Berliner Ensemble, Staatstheater Cottbus, Volkstheater Rostock). Ich bin nie mit einem Verdacht auf einen möglichen Kontakt zur Staatssicherheit konfrontiert worden.
Ich habe bei der Birthlerbehörde um dringliche Einsicht in die Unterlagen gebeten und bekomme jetzt den Antrag zugeschickt. Dann werde ich zu den Vorwürfen konkret und detailliert Stellung nehmen können. Ich werde alle Anstrengungen unternehmen, um die Anschuldigungen zu den Ereignissen, die 30 Jahre zurückliegen, öffentlich und vorbehaltlos aufzuklären.
Es schmerzt mich, dass die im Raum stehenden Vorwürfe den Spielzeitauftakt am Theater Heilbronn und den Neubeginn eines hochmotivierten Ensembles überschatten.