Diese Wittenbrink-Abende, die landauf, landab ein Millionenpublikum jeglicher intellektuellen Couleur erfreuen, tragen den schlichten Untertitel: Liederabend. Doch das wird dem, was auf der Bühne passiert, bei weitem nicht gerecht. Grundlage ist lediglich eine Auswahl von Liedern und der Grundplot - hier also ein Großraumbüro. Daraus werden amüsante Geschichten gestrickt und unverwechselbare Typen geschaffen, selbstverständlich mit einem lustvollen Griff in die pralle Kiste der Klischees. Wie das passiert, ist ganz der Fantasie und der Schauspiel- und Musizierlust des Inszenierungsteams und des Ensembles überlassen.
Sechs "Sekretärinnen" sind an diesem Abend zu erleben (Sylvia Bretschneider, Bettina Burchard, Stefanie Dischinger, Katharina Leonore Goebel, Angelika Hart, Sabine Unger). Von der strengen Chefsekretärin, über die romantische Träumerin bis hin zum Vamp sind alle denkbaren Charaktere vertreten. Sie sitzen zusammen in einem Großraumbüro, eingeklemmt zwischen Tastatur und Drehstuhl. Umgeben von Kaffeemaschinen, Keksdosen und Schminktäschchen. Da wird getratscht und gehechelt, misstrauisch beobachtet, manchmal auch getröstet und gespannt gewartet, welche von den Damen denn nun zum Chef gerufen wird. Zum Diktat oder vielleicht zu einer Einladung zum Essen? Welche ist die Schönste? Welche gibt im Büro den Ton an? Selbst der arme Bürobote (Sebastian Weiss) muss immer wieder als Objekt der Begierde herhalten, wenn die Sekretärinnen ihren Konkurrenzkampf austragen. Geeint sind sie lediglich in ihrer Abhängigkeit von der Schreibmaschine, die auch den Takt für die Musik vorgibt. Mit den Liedern der verschiedensten Genres, von sehnsuchtsvollen Schlagern à la Hildegard Knef über Amy Winehouse und Nina Hagen bis zu kernigen Rocktiteln von Aretha Franklin und James Brown singen die "Sekretärinnen" von ihren Vorlieben, Ärgernissen oder gar geheimen Gelüsten. Ohrwürmer sind diese Songs alle miteinander, die für diesen Theaterabend neu und meisterhaft arrangiert wurden.
Philippe Besson (Regisseur) wurde 1962 als Sohn des Schweizer Theaterregisseurs Benno Besson in Berlin geboren. Nach Abschluss der Schule in Ost-Berlin machte er eine Ausbildung zum Matrosen der Binnenschifffahrt. 1983 zog er in die Schweiz und arbeitete ab 1986 als Regiehospitant am Wiener Burgtheater, am Schauspielhaus Zürich und an der Comédie de Genève.
1989 -1992 war Besson Regieassistent am Schauspielhaus Zürich, 1994 Oberspielleiter am Ulmer Theater. Von 1996-99 war er freier Regisseur und ging dann als Leiter der Sparte Kinder- und Jugendtheater an das Hans Otto Theater Potsdam. Unter seiner Leitung erhielt die Sparte den Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin. Zwei Inszenierungen wurden als beste Inszenierung aus dem deutschsprachigen Raum zum deutschen Kinder- und Jugendtheatertreffen "Augenblick Mal!" nach Berlin eingeladen. Seine Inszenierung "Wir alle für immer zusammen" nach dem preisgekrönten Buch von Guus Kuijer in der Fassung von Philippe Besson und Andreas Steudtner wurde für den Deutschen Kindertheaterpreis 2008 und - in der Kategorie "Beste Regie im Kinder und Jugendtheater" - für den Theaterpreis "Der Faust" 2007 nominiert.
Mit Bessons Jugendtheaterstück über die deutsch-deutsche Geschichte, "Lilly unter den Linden", eröffnete das Berliner Grips-Theater im Februar 2009 seine zweite Spielstätte in der Mitte der ehemals geteilten Stadt. 2009 wechselte Philippe Besson als Oberspielleiter an das Theater Junge Generation, Dresden, das er 2011 verließ, um wieder als freier Regisseur tätig zu sein, unter anderem weiterhin in Dresden, Berlin, Potsdam und Zürich. Neben Kinder- und Jugendtheaterstücken inszenierte Besson immer auch für Erwachsene. Für Furore sorgte seine Uraufführung "Roter Hahn im Biberpelz" nach Gerhart Hauptmann, die er als Regisseur mit seinen Halbgeschwistern Pierre Besson und Katharina Thalbach sowie Thalbachs Tochter Anna und Enkelin Nathalie für das Theater am Kurfürstendamm in Berlin inszenierte.
Andreas "Kulle" Dziuk (Musikalische Leitung) hatte mehrere Jahre klassischen Klavierunterricht und ist Schlagzeuger und Gitarrist. Nach dem Abitur und einigen Jahren als Student in Köln zog er in den 1990er Jahren nach Berlin und war dort hauptsächlich als Keyboarder und Drummer mit diversen Bands auf Tour und im Studio, wie z.B. Pearls at swine, Pankow, Dziuks Küche, East Blues Experience. Seit 2000 schreibt er vornehmlich Musik fürs Theater, war von 2000 bis 2006 musikalischer Leiter am Hans-Otto Theater in Potsdam und von 2007 bis 2010 am Stadttheater in Ingolstadt. Hier arrangierte und dirigierte er auch diverse Musicals ("Jesus Christ Superstar", "Evita", "Rocky Horror Show"). Seit 2010 ist er freiberuflich tätig, schreibt Filmmusik (u. a. für Andreas Dresen), ist nach wie vor Keyboarder und Produzent bei Pankow und schreibt Songs und Bühnenmusiken, u.a. für das Staatstheater Braunschweig, Schauspielhaus Zürich, Leipzig, Dessau, Kassel und Potsdam. Seit einigen Jahren hat er eine eigene Band Paperwall die er englischsprachige Songs schreibt (zwischen Folk, Rock und Pop) und bei der er singt und Gitarre spielt. Von 2010 bis 2013 war er außerdem Dozent an der UdK Berlin.
Henrike Engel (Ausstattung), geboren 1962 in Duisburg, studierte Kostümdesign an der Fachhochschule für Gestaltung Hamburg. Seitdem arbeitet sie als freischaffende Bühnen- und Kostümbildnerin u. a. am Schauspielhaus Bochum, Düsseldorfer Schauspielhaus, Hessischen Staatstheater Wiesbaden, Schauspielhaus Zürich, Burgtheater Wien und am Thalia Theater Hamburg. Es bestehen langjährige Arbeitsverbindungen, u. a. mit den Regisseuren Karin Henkel, Jessica Steinke, Philippe Besson und Tilman Gersch.
Premiere am 13. Juni 2015, 19.30 Uhr, Großes Haus
Sekretärinnen
Liederabend von Franz Wittenbrink
Musikalische Leitung: Andreas Dziuk
Inszenierung: Philippe Besson
Ausstattung: Henrike Engel
Dramaturgie: Stefanie Symmank
Repetition: Nicolas Kemmer
Choreografie: Stephanie Strauß – Posmik
Mit: Sylvia Bretschneider, Bettina Burchard, Stefanie Dischinger (Gast), Katharina Leonore Goebel, Angelika Hart, Sabine Unger, Sebastian Weiss
Weitere Vorstellungen in dieser Spielzeit: 18. Juni 2015, 27. Juni 2015, 1. Juli 2015, 8. Juli 2015, 10. Juli 2015, 14. Juli 2015, 17. Juli 2015 – jeweils um 19.30 Uhr
Wiederaufnahme in der Spielzeit 2015/2016