Der Heilbronner Schauspieldirektor stellt sich gern dieser Herausforderung, denn er liebt dieses Stück wegen seiner Sprache und seiner großen Theatralität, die es durchaus mit Shakespeare aufnehmen kann. Er schätzt den Text wegen seiner Tiefgründigkeit, seiner Heiterkeit und seiner Absurdität. Er enthält gleichermaßen tragische, komische und herzzerreißende Momente. "Ein Stück, das Kleist mit Blut und Herz im Nahkampf mit seiner Zeit geschrieben hat", sagt Alejandro Quintana. Für ihn ist das "Käthchen von Heilbronn" nicht die Geschichte eines lieben Mädchens, das sich liebesblind einem Mann unterwirft. Es ist vielmehr die Geschichte der Selbstfindung einer ungeachtet aller gesellschaftlichen Konventionen konsequent handelnden jungen Frau, die ihr Glück sucht und den Weg kompromisslos beschreitet.
Katharina Friedeborn, die alle wegen ihrer Schönheit rühmen und nur das Käthchen von Heilbronn nennen, hat sich aus dem Fenster gestürzt, nachdem Graf Wetter von Strahl sie auf die Stirn geküsst hat. Kaum dass sie die schweren Verletzungen nach ihrem Fenstersturz auskuriert hat, verlässt sie ihr Vaterhaus, die Stadt, ihre Sicherheit und läuft dem Grafen hinterher. Der Mann kann sie nur verhext haben, klagt ihr Vater, Theobald Friedeborn, Waffenschmied von Heilbronn, und bringt den Grafen vor Gericht. Dort gesteht Käthchen, das sie unsterblich in ihn verliebt sei. Der Graf ist auch hingerissen von diesem schönen Mädchen. Doch darf er es nicht lieben, denn das Käthchen ist nur eine Bürgerliche. Außerdem war ihm in der Silvesternacht ein Cherub im Traum erschienen, der ihm weissagte, dass er einst eine Frau von kaiserlichem Geblüt heiraten würde. Eine solche tritt dann auch schon bald in sein Leben: Kunigunde von Thurneck, Ururenkelin eines Kaisers, geschäftstüchtig, mächtig und attraktiv - auf den ersten Blick. Die Prophezeiung scheint sich zu erfüllen ... Zwischen Träumen und Weissagungen, Brandanschlägen und Giftmischerei, Schwertkämpfen, Lügen und Intrigen suchen Käthchen und Graf Wetter vom Strahl die ganz große Liebe. Käthchen tut unabhängig von allen gesellschaftlichen Konventionen das, was sie für richtig hält, während Graf Wetter vom Strahl darin gefangen ist und sich seine Gefühle verbietet. Kann er Schritt halten mit dieser jungen Frau, die genau weiß, was sie will? Das Ende von Alejandro Quintanas Interpretation des Käthchens von Heilbronn ist für Kenner des Stückes überraschend, aber nur konsequent.
Susan Ihlenfeld spielt das Käthchen, Nils Brück den Grafen Wetter vom Strahl und Katharina Voß ist Käthchens Gegenspielerin Kunigunde von Thurneck. Lars Betko ist für die Gestaltung der Bühne verantwortlich. Er stilisiert die Silhouette einer mittelalterlichen Stadt oder einer Burg und zaubert einen wahrhaftigen Holunderbusch auf die Bühne. Kostümbildner Mathias Werner schöpft aus dem Vollen. Er verwendet in seinen Kostümen Zitate aus der Ritterzeit und verwendet feine Stoffe aus dem Empire.
Premiere am 15. Juli 2010; 19.30 Uhr, Großes Haus
Einführung um 19.10 Uhr, Oberes Foyer
Das Käthchen von Heilbronn
Schauspiel von Heinrich von Kleist
Regie: Alejandro Quintana
Bühne: Lars Betko
Kostüme: Mathias Werner
Musik: Rainer Böhm
Dramaturgie: Karoline Felsmann
Es spielen: Susan Ihlenfeld (Käthchen); Ingrid Richter-Wendel (Rosalie); Katharina Voß (Kunigunde von Thurneck) Johannes Bahr (Kaiser, Köhler, Jakob Pech); Nils Brück (Graf Wetter vom Strahl); Alexander Darkow (Georg von Waldstetten/ Der Rheingraf vom Stein / Richter); Oliver Firit (Ritter Flammberg / Richter); Felix Jeiter (Burggraf von Freiburg/ Eginhart von der Wart/ Richter); Frank Lienert-Mondanelli (Theobald Friedeborn), Manuel Rivera (Gottschalk)