König Lear will die Regierungsgeschäfte niederlegen und das Reich unter seinen drei Töchtern aufteilen. Die beiden älteren Töchter Goneril und Regan wollen sich mit ihren Liebesbekundungen die Gunst des Vaters erschmeicheln. Cordelia, die Jüngste kann sich, obwohl sie ihren Vater sehr liebt, nicht zu einem Lippenbekenntnis durchringen und sagt nichts. Darüber gerät Lear so in Wut, dass er Cordelia verstößt und ihr die Mitgift nimmt. Goneril und Regan erhalten je die Hälfte des Reiches unter der Bedingung, dass sie für ihren Vater sorgen und ihn samt seiner 100köpfigen Ritterschar, auf die er besteht, abwechselnd bei sich aufnehmen ...
Zur gleichen Zeit verstößt ein anderer Vater eines seiner Kinder: Graf Gloucester, ein Vertrauter des Königs, hat zwei Söhne, den ehelich geborenen Edgar und den unehelich gezeugten Edmund. Da Edmund möglichst schnell an den gesamten Besitz und den Titel des Grafen herankommen will, bezichtigt er seinen Halbbruder, am Sturz des Vaters zu arbeiten. Edgar bleibt nichts anderes übrig, als zu fliehen und die Identität eines verrückten Bettlers anzunehmen.
Unterwegs trifft er auf König Lear, der zusammen mit einem Narren durch die Gegend irrt. Denn seine älteren Töchter haben sich, kaum im Besitz der Macht, nicht an ihre Versprechen gehalten. Verbittert und dem Wahnsinn nahe, muss Lear erkennen, wie verblendet er war.
Lear will zwar sein Amt abgeben, seine Macht und Würde als König aber eigentlich behalten, beschreibt Regisseurin Johanna Schall. Sie ist fasziniert von der Titelfigur in Shakespeares gewaltiger und gewaltsamer Tragödie: "Wie ist das, wenn jemand in einer Position ist, in der er glaubt, alles ist so, wie er es sagt?" Und dann mit der Abgabe seiner Königskrone plötzlich nur noch ein "Nichts" zu sein, das ist für Lear unerträglich. Weil die Menschen (bis heute) nicht als sie selbst, sondern über ihre Ämter und gesellschaftliche Postionen wahrgenommen werden, gehen auch andere Figuren über Leichen, um zur Macht zu gelangen - wie Edmund, der so ein verflixtes Intrigenspiel treibt, das er letztlich selbst darüber fällt. Aber auch niemand von den Redlichen und Gutgläubigen, ob Gloucester, Edgar, der Narr oder Cordelia werden diesen wahnsinnigen Kampf im Machtvakuum schadlos überstehen.
Was zunächst beginnt wie ein Märchen, endet als Tragödie. Faszinierend sind die Geschichten um Realitätsblindheit und Wahrheitserkenntnis mit den Konflikten zwischen Jung und Alt verwoben. Es gibt in diesem Stück kein Gut und kein Böse, keine Sieger, nur Verlierer. Die Konflikte und Extreme, die Shakespeare hier mit gnadenloser Konsequenz auslotet, lassen sich auch mit einem heutigen Blick mühelos als aktuelle Problemstellungen über Macht und Gesellschaft erkennen. "Alles ist Politik in diesem Stück", bekräftigt Johanna Schall.
Premiere am 17. Mai 2014, 19.30 Uhr, Großes Haus
König Lear
Tragödie von William Shakespeare
Regie: Johanna Schall
Bühne: Horst Vogelgesang
Kostüme: Jenny Schall
Dramaturgie: Andreas Frane
Kampf-Choreografie: Axel Hambach
Mit: Sylvia Bretschneider (Regan) , Judith Lilly Raab (Goneril), Luise Schubert (Cordelia), Sabine Unger (Gräfin von Kent)
Stefan Eichberg (Lear), Joachim Foerster (Edgar), Gabriel Kemmether (Narr), Frank Lienert-Mondanelli (Graf von Gloucester), Fabian Schiffkorn (Herzog von Albany), Guido Schikore (Oswald), Tobias D. Weber (Herzog von Cornwall), Sebastian Weiss (Edmund)
Nächste Spieltermine: Di. 27.05. 19.30 Uhr, Mi. 28.05. 19.30 Uhr, Fr. 30.05. 19.30 Uhr, Mi. 11.06. 19.30 Uhr, Sa. 14.06. 19.30 Uhr, Fr. 20.06. 19.30 Uhr, Sa. 21.06. 19.30 Uhr, Do. 03.07. 19.30 Uhr, Di. 08.07. 19.30 Uhr, Fr. 18.07. 19.30 Uhr, So. 20.07. 19.30 Uhr , Mi. 23.07. 19.30 Uhr, Do. 24.07. 19.30 Uhr