Premiere am 25. Januar 2014, 19.30 Uhr, Großes Haus
Enron
Schauspiel von Lucy Prebble
Regie: Axel Vornam
Ausstattung: Tom Musch
Videodesign: Stefan Bischoff und Kevin Graber
Mit: Sylvia Bretschneider (Claudia Roe, Enron-Managerin), Angelika Hart (Hewitt von Ramsay & Hewitt; Trader; Moderatorin; Kongressabgeordnete); Judith Lilly Raab (Sheryl Sloman; Analystin; Gayle; Reporterin; Trader);
Nils Brück (Jeffrey Skilling, Enron-Präsident); Stefan Eichberg (Ken Lay, Enron-Vorstandsvorsitzender); Oliver Firit (Andy Fastow, Enron Finanzchef); Joachim Foerster (Lehman-Brother, Computer Nerd 1, Trader, Polizist); Gabriel Kemmether (Arthur Andersen, Wirtschaftsprüfer; Trader; Analyst; Kameramann); Frank Lienert-Mondanelli (Senator; Trader; Aufsichtsrat); Guido Schikore (Lehman-Brother; Computer Nerd 2; Anwalt 2, Trader); Tobias D. Weber (Ramsay von Ramsay & Hewitt; Trader; Analyst; Wachmann); Sebastian Weiss (Anwalt; Trader, Aufsichtsrat)
Nächste Spieltermine: 7. Februar, 13. Februar, 14. Februar, 26. Februar, 28. Februar, 7. März, 8. März, 20. März, 26. März, 8. April, 12. April, 29. April, 11. Mai - jeweils um 19.30 Uhr
Es war die Theatersensation des Jahres 2009 in London, das Schauspiel "Enron" über die Geschichte des größten Wirtschaftskandals, den die USA je gesehen haben. Autorin Lucy Prebble war erst 29 Jahre alt, als sie nach akribischen Recherchen das Stück über Aufstieg und Fall des gleichnamigen Energiekonzerns schrieb. Nach großen Erfolgen in London und New York kam es 2010 auch in Deutschland auf die Bühnen in Nürnberg und Hamburg. Die Stärke des Schauspiels besteht in der Präzision seiner Analyse bei gleichzeitig hohem Unterhaltungswert. Premiere der Inszenierung von Intendant Axel Vornam ist am 25. Januar um 19.30 Uhr im Großen Haus.
Die Geschichte hinter dem Stück
Der Megakonzern "Enron" war der Liebling der Wallstreet, der Wirtschaftspresse und der amerikanischen Volkswirtschaftsprofessoren: sechsmal in Folge wurde er vom Wirtschaftsmagazin "Fortune" zum Innovativsten Unternehmen der Welt gewählt und 1996 auf einen Börsenwert von 50 Milliarden Dollar geschätzt. 2001 war es unter einem milliardenschweren Schuldenberg zusammengebrochen, der Wert der Aktie von 90 Dollar auf wenige Cent geschmolzen. Der Erfolg des Konzerns war nichts anderes als eine Seifenblase - beruhte allein auf systematischem Bilanzbetrug. 20 000 Mitarbeiter verloren ihren Job und alle Beschäftigten ihre milliardenschweren Ansprüche aus der Pensionskasse. Die Köpfe des Unternehmens hingegen verkauften mit ihrem Insiderwissen noch kurz vor der Pleite ihre Aktien und schaufelten Milliarden auf ihre Privatkonten. Eine Geschichte, wie sie der Kapitalismus in seiner gierigsten Form schreibt: Enron galt als Inbegriff von Wirtschaftskriminalität und unternehmerischer Arroganz und war nicht zuletzt deshalb so brisant, weil Unternehmenschef Ken Lay ein Förderer und Freund von George W. Bush war.
Diese authentische Geschichte des beispiellosen Aufstiegs und Falls von Enron hat Lucy Prebble zu einer sarkastischen Schauspielrevue mit absurden szenischen Überhöhungen verarbeitet, die das komplizierte Geschehen dieses Prozesses auf spannende und unterhaltsame Weise veranschaulichen. In ihrer Dramatik und in ihrer komischen Absurdität hat diese Geschichte Shakespearsches Format Akteure sind die tatsächlichen Drahtzieher des Enron-Skandals: Vorstandsvorsitzender Ken Lay, Präsident Jeffrey Skilling, Finanzchef Andy Fastow, Managerin Claudia Roe, die Lehman Brothers, Wirtschaftsprüfer ...
Heute sitzt Jeffrey Skilling wegen "kreativer Buchführung" im Gefängnis - zunächst sollte er bis 2028 seine Strafe absitzen und mit 74 Jahren entlassen werden. Aber im Juni 2013 hat er durch einen Deal mit der Justiz seine Haftstrafe um 10 Jahre verringert, indem er 40 Mio. Dollar an ehemalige Investoren zahlte. Sein von ihm ernannter Finanzchef Andy Fastow hatte sich als Kronzeuge zur Verfügung gestellt und kam deshalb mit sechs Jahren Gefängnis davon, ist seit 2011 auf freiem Fuß und arbeitet als Anwalt. Ken Lay starb während des Prozesses an Herzversagen.
Inhalt des Stückes
Champagner fließt in Strömen, das Leben ist eine Party, denn Jeff Skilling hat das ultimative Geschäftsmodell entwickelt, mit dem er Enron von einem simplen Betreiber von Gaspipelines zum Energiegiganten und einer Geldverdienmaschine machen will: Es wird nicht mehr mit Produkten gehandelt, sondern nur mit Terminkontrakten auf Gas und Strom - dazu braucht man keine Leitungen, sondern nur gute Uniabsolventen an Laptops. Später kommen zur Firmenpalette so merkwürdige Produkte wie Breitbandkapazitäten zur Datenübertragung oder Absicherungskontrakte auf die Wetterlage im kommenden Sommer dazu. Der Clou des Unternehmensmodells ist die "Markt to Market"-Buchführung: Zukünftige Einkünfte werden bereits, wenn sie geplant sind, als Gewinne verbucht. Verluste werden in dubiose Tochterfirmen verschoben und gelten als nicht existent. Die Bilanz ist brillant.
"Wie, Sie verstehen das Prinzip nicht?" Indem er sie öffentlich als begriffsstutzig darstellte, war es Jeff Skillings bis dahin gelungen, alle Zweifler mundtot zu machen. So lange bis wirklich einer hartnäckig nachfragt und sich nicht einschüchtern lässt ...
Für rabenschwarze Unterhaltung sorgen unter anderem schuldenfressende Raptoren, bauchredende Wirtschaftsprüfer, singende Analysten und "Gastauftritte" der Lehman Brothers, von George W. Bush oder Arnold Schwarzenegger.
Inszenierungskonzept
"Das Thema bewegt mich sehr", sagt Intendant Axel Vornam. Denn das Handeln der Enron-Manager sei keine Frage von Moral. Das Wirtschaftssystem, in dem es nur um Gewinnmaximierung und Effektivität geht, zwinge geradezu zu so einem Haifischverhalten, wenn man mitspielen will. Es werden keine Werte produziert und verteilt, sondern es wird spekuliert, bis die Finanzblase platzt. "Erstaunlicherweise werden die Wirtschaftskrisen dann immer wie unvorhergesehene Naturereignisse bestaunt, dabei sind sie systemimmanent", sagt Vornam. Die Stärke des Stückes, das als spannende Mischung aus Wirtschaftskrimi, ironischem Königsdrama und böser Show daherkommt, ist, dass es diese Mechanismen sehr genau aufzeigt. Wie sagt Jeff Skilling am Ende: "Die Vorschriften dieses Staates waren ein einziger Murks. ... Das (auszunutzen) ist unser Job. ... Und ich weiß, der einzige Unterschied zwischen mir und den Leuten, die mich verurteilen, ist, dass sie nicht smart genug waren, das zu tun, was wir getan haben."
Um für die spektakuläre Hybris, die arrogante Selbstüberschätzung der Enron-Manager auch eine optische Entsprechung zu finden, haben Vornam und sein Bühnenbildner Tom Musch eine spannende Lösung gefunden und zwei Partner nach Heilbronn geholt: Zentrales Element des Bühnenbilds wird eine immense LED-Wand sein, für die die beiden Schweizer Videokünstler Stefan Bischoff und Kevin Graber, die in den letzten Jahren unter anderem am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, am Maxim Gorki Theater Berlin und an den Münchner Kammerspielen gearbeitet haben, Videocollagen und Animationen entwickeln.
Lucy Prebble wurde 1981 in Surrey geboren.
Sie schreibt in Großbritannien sowohl fürs Fernsehen (aus ihrer Feder stammt die sehr erfolgreiche Serie SECRET DIARY OF A CALL GIRL) als auch für die Bühne, u.a. Auftragswerke für das National Theatre und das Royal Court Theatre in London.
Für Ihr Theaterdebut "Das Zuckersyndrom", das bereits in sieben Sprachen übersetzt wurde, erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. So wurde sie 2004 vom Critics' Circle zum "Most Promising Playwright" gekürt und erhielt den prestigeträchtigen "George Devine Award". Kurz darauf folgte der "TMA Award for Best New Play", der die besten Arbeiten der britischen Regionaltheater würdigt.
"Best New Play" laut TMA wurde sofort auch ENRON das es außerdem auf die Shortlist des Evening Standard Award 2009 schaffte. Nach sensationellen Erfolgen in Chichester und im Londoner Royal Court zog ENRON im Frühjahr 2010 ins Londoner West End um; die Premiere am Broadway folgte Ende April 2010. Prebbles aktuelles Stück "The Effect" von 2012 hat auch den Critics Circle Award für "Best New Play" gewonnen. Es wird im Frühjahr 2014 zum ersten Mal in Deutschland zu sehen sein.
Stefan Bischoff Video
wurde 1973 in der Schweiz geboren und erhielt seine Ausbildung als Visueller Gestalter im Fachbereich Video an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Basel und Luzern. Seit 2001 ist er freischaffender Videogestalter in der Filmbranche und begleitet Projekte intermedialer Videoinstallationen für Museen und Festivals wie arselectronica Linz, matadero Madrid, Internationales Filmfestival Locarno und Select Media Festival Chicago. Verschiedene Engagements führten ihn an die Schauspielhäuser Düsseldorf und Hannover, die Komische Oper Berlin, die Kammerspiele München, das Schauspiel Frankfurt, die Salzburger Festspiele, das Theater Basel, das Opernhaus Zürich und die Semperoper Dresden. Er arbeitete mit Regisseuren wie Sebastian Baumgarten, Peter Kastenmüller, Jossi Wieler, Lars-Ole Walburg, Jens-Daniel Herzog, Amélie Niermeyer und Ruedi Häusermann.
Kevin Graber Video
Wurde 1982 in der Schweiz geboren und studierte zunächst Publizistikwissenschaften in Zürich und anschließend Visuelle Kommunikation in Luzern mit dem Schwerpunkt Video. 2012/13 absolvierte er noch eine Weiterbildung im Drehbuchschreiben. Er arbeitete in einigen Film- und Videoproduktionsfirmen im Bereich, Kamera, Schnitt, Ton, Animation und Postproduktion und erstellt verschiedene Video- und Klanginstallationen, Videoclips, Kunstprojekte und Musikvideos. Seit 2012 arbeitet er gemeinsam mit Stefan Bischoff und realisiert mit ihm Videoprojekte für Theater unter anderem für Sebastian Baumgarten in Zürich.