"Wenn die Leute von heute auf morgen aufhören würden, sich zu belügen, gäbe es kein einziges Paar mehr auf Erden. Und in gewisser Hinsicht wäre das das Ende der Zivilisation." Mit diesem Argument will Michel, der Hauptheld dieser Komödie, seine Geliebte Alice davon abhalten, dass sie ihrem Mann die Wahrheit über ihr seit sechs Monaten dauerndes Verhältnis sagt. Es belaste sie, ihren Paul ständig zu belügen, sagt sie. Aber die Wahrheit würde ihn zerstören, glaubt Michel. Er kennt Paul, schließlich ist der sein bester Freund. Seiner Frau Laurence jedenfalls würde er nie erzählen, dass er sich seit einem halben Jahr mit Alice im Hotelzimmer trifft, wenn er behauptet, auf Sitzungen oder Dienstreisen zu sein. Michel ist fest davon überzeugt, dass es rücksichtsvoller gegenüber dem Partner ist, ihm nicht die Wahrheit zu sagen. Klar wird es hin und wieder anstrengend, sich im eigenen Lügengespinst nicht zu verirren. Und manchmal kann er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass seine Frau Laurence und sein bester Freund Paul vielleicht doch ahnen, dass er und Alice ...
"Die Wahrheit" ist - typisch französisch- eine charmante, flirrend leichte Komödie. Nichts ist, wie es scheint. Weder ist der Grundkonflikt dieses Stückes so banal wie es zunächst aussieht, noch ist der Verlauf der Dinge vorhersehbar. Im Laufe der sieben Szenen nimmt das Stück so manche Wendung. Das Publikum ist dabei genauso schlau wie die handelnden Personen. Die Geschichte ist so gut konstruiert, wie das Ding mit der Wahrheit kompliziert ist. "Von den Vorteilen, sie zu verschweigen, und den Nachteilen, sie zu sagen", schreibt Florian Zeller in der Unterzeile über sein Stück, das nicht nur in seinem Heimatland Frankreich großen Erfolg hatte.
Florian Zeller
Florian Zeller, 1979 in Paris geboren und in Großbritannien aufgewachsen, studierte Politik am renommierten Institut d'études politiques de Paris. Gleich sein erster Roman "Neiges artificielles" ("Künstlicher Schnee"), den er mit 22 veröffentlichte, machte ihn zum Star der französischen Literaturszene. Er wurde dafür mit dem Prix de la fondation Huchette, ausgezeichnet. Auch sein Sprung auf die Theaterbühne gelang. Die Pariser Kritik und das Publikum bejubelten schon seine ersten drei Theaterstücke "L'Autre" ("Der Andere") 2004, "Le Manège" ("Der Dreh") 2005 und "Si tu mourais" ("Wenn du tot wärst") 2006 und erst recht "La vérité" ("Die Wahrheit") 2010. Zuletzt ist sein Theaterstück "Le Père" ("Der Vater"), 2012 erschienen. Stars wie Gérard Depardieu, Laetitia Casta und Catherine Hiege haben in seinen Stücken gespielt, die an vielen großen Bühnen Europas auf dem Programm stehen.