„Wir sind 2023 zu Beginn unserer Intendanz mit der Idee eines 'Neuen Deutschen Theaters' hier in Essen angetreten, was vor allem bedeutet, dass wir die Vielfalt der Gesellschaft als Normalität begreifen und im Theater widerspiegeln wollen, sowohl auf der Bühne als auch im Publikum“, so Selen Kara und Christina Zintl über ihre Vision des Theaters. Nachdem in der ersten Spielzeit sozusagen die Baustelle „Neues Deutsches Theater – Under Construction“ eröffnet wurde, wird nun das Fundament des Hauses gelegt. „Common Ground“ heißt, an einer gemeinsamen Basis zu arbeiten – gegen die Polarisierung in der Gesellschaft. Es geht darum, eingeübte Gewissheiten zu hinterfragen, Perspektiven zu wechseln und sich auf einem neuen gemeinsamen Grund zu begegnen. „Als Ort der kollektiven Geschichten und Bilder geht es in der kommenden Saison darum, mit den Mitteln des Theaters dem Narrativ unversöhnlicher Spaltung Geschichten entgegenzustellen, die den Wert des pluralen Zusammenlebens spürbar machen und aushandeln“, erläutern die Intendantinnen.
So wird die Spielzeit am 13. September 2024 im Grillo-Theater mit Hakan Savaş Micans Theaterbearbeitung von Ulrich Alexander Boschwitz’ Roman „Der Reisende“ von 1939 eröffnet. Wie Menschen innerhalb kurzer Zeit zum rechtlosen Fremden gemacht werden können, schildert Boschwitz unter dem Eindruck der Novemberpogrome von 1938. Was die Aufkündigung einer gemeinsamen Grundlage – eines Common Ground – bedeutet, sucht Mican in seiner sehr persönlichen Fassung dieses Stoffes aus einer aktuellen Perspektive. Ein weiteres großes Stück des Perspektivwechsels ist „Istanbul“ von Selen Kara, Torsten Kindermann und Akın Emanuel Şipal. Das Erfolgsstück wird seit rund zehn Jahren an vielen Theatern gespielt und kommt nun auch nach Essen. Es stellt die Frage danach, wie es gewesen wäre, wenn das Wirtschaftswunder in der Türkei stattgefunden und aus Deutschland Gastarbeiter*innen dorthin aufgebrochen wären. Die überarbeitete Fassung wird sich konkret mit Essen und der Geschichte der Menschen in dieser Stadt beschäftigen. Premiere ist am 20. Dezember 2024 im Grillo-Theater.
Im Sinne des „Neuen Deutschen Theaters“ bleibt das künstlerische Team um Kara und Zintl auch in der zweiten Spielzeit ganz besonders dem Zeitgenössischen verpflichtet: Die Hälfte der insgesamt zwölf Premieren sind Uraufführungen und Auftragswerke. So schreiben Anne Lepper („Anziehen Ausziehen – Ein Bildungsauftrag“), Preisträgerin der Mülheimer Stücketage, und die britische Erfolgs-Autorin Dawn King neue Stücke für das Schauspiel Essen. Darüber hinaus sind Uraufführungen der renommierten israelischen Choreografin und Regisseurin Saar Magal („Sakrileg“), der rumänischen Dramatikerin und Filmregisseurin Teona Galgoţiu („Memories of snow“), der Autorin und Regisseurin Rachel J. Müller („Tabak“) und eine Bühnenbearbeitung von Bettina Flitners Roman „Meine Schwester“ geplant.
Zugleich werden interdisziplinäre Formen die nächste Spielzeit prägen: vom Tanztheaterstück „Sakrileg“, über einen Dialog mit Puppenspiel („Meine Schwester“) bis hin zu einer neuen digital/hybriden Produktion, dem narrative space „Memories of snow“ von Teona Galgoţiu und Roman Senkl sowie dem Gaming Format „setup.school(). Die Lernmaschine“ von machina eX.
Es werden aber auch zwei große Klassiker auf der Grillo-Bühne Premiere feiern: „Hamlet/Ophelia“ nach William Shakespeare in der Regie von Co-Intendantin Selen Kara und Henrik Ibsens „Peer Gynt“ (Regie: Caner Akdeniz), die beide als rebellische, teils größenwahnsinnige Emanzipationsgeschichten von der Suche nach Identität vor dem Hintergrund familiärer Erwartungen und gesellschaftlicher Zurichtungen erzählen. Nach der gefeierten Premiere von „Doktormutter Faust“ im letzten Jahr steht mit dem großen Shakespearestoff eine weitere aktuelle Betrachtung eines Klassikers aus einer feministischen Perspektive auf dem Spielplan.
Neu eingeführte Reihen und Specials werden auch in der kommenden Spielzeit fortgeführt wie die Talk-Reihe mit Selen Kara und Christina Zintl, bei der sie, angelehnt an das neue Spielzeitmotto „Common Ground“, mit bekannten und neuen Gästen darüber sprechen möchten, wie gemeinsame Grundlagen entstehen können. Auch die Autorin und Journalistin Fatma Aydemir wird ihre Talk-Reihe „Materien“ im Café Central fortsetzen. Freuen dürfen sich die Zuschauer*innen wieder auf weitere Ausgaben der „Bar Jeder Kunst“, die Abende für alle Sinne, voller Musik, Poesie, Wein und Speisen umfasst, auf das Format „Central Alive“, in dem sich Ensemblemitglieder des Schauspiel Essen mit eigenen künstlerischen Abenden präsentieren und auf die „4.0 Digitalgespräche“, bei denen Expert*innen der Digitalisierung über das, was gerade passiert, auch und gerade in Theatern, sprechen.
In der Spielzeit 2024/2025 kooperiert das Schauspiel Essen mit dem Studiengang Schauspiel der Folkwang Universität der Künste. Zwei Schauspielstudierende sind eine Spielzeit lang Teil des Essener Ensembles und lernen in verschiedenen Produktionen und Sitzungen den Berufsalltag kennen. Und das Schauspiel Essen darf sich freuen auf frischen Wind und die Fragen der nächsten Generation an das Theater. Mit dieser Kooperation führt das Schauspiel Essen zum ersten Mal ein „Schauspielstudio“ ein.
Unter dem Titel „Entdecken und Mitmachen“ öffnet das Team des Schauspiel Essen weiterhin in ganz unterschiedlichen Formaten und theaterpädagogischen Angeboten das Theater für die Stadt Essen und die Menschen, die in ihr leben. Die partizipative Arbeit im Bereich der Stadt-Dramaturgie wird fortgesetzt: So wird der vor einem Jahr gegründete Beirat aus Essener Bürger*innen, die „Critical Friends“ (dt. „kritische Freund*innen“) die Prozesse am Schauspiel weiterhin (kritisch) begleiten und Verbindungen zwischen Stadt und Theater aktiv mitgestalten. Unter anderem haben die „Critical Friends“ das Format „Willst du mit mir (ins Theater) gehen?“ gegründet, bei dem sie Bürger*innen einladen, gemeinsam Vorstellungen zu besuchen. Auch die „Stadt-Ensemble-Clubs“ gibt’s in der nächsten Spielzeit wieder, die Theaterbegeisterten aus der Stadt Raum, Zeit und Leidenschaft bieten, um selbst Theater zu spielen. Beim „Stadt-Ensemble Plus“ wird der preisgekrönte Regisseur Adrian Figueroa gemeinsam mit Jugendlichen und Ensemblemitgliedern eine Inszenierung mit einem Stück von Dawn King entwickeln. Ein umfangreiches theaterpädagogisches Programm bietet die Stadt-Vermittlung für alle Neugierigen, für Kitas und Schulen.
Eine große Herausforderung in der nächsten Spielzeit wird es für das Schauspiel Essen sein, eine Ersatzspielstätte für die Casa-Bühne in der Theaterpassage zu finden, die zum Ende dieser Spielzeit geschlossen wird. „Wir werden zu unserem Versprechen stehen, an der Öffnung des Theaters zu arbeiten, und dafür braucht es natürlich auch einen sicheren Ort für das Kinder- und Jugendtheater und unterschiedlich große Räume“, versprechen Selen Kara und Christina Zintl.
Das Programm 2024/2025 des Schauspiel Essen ist wieder in einem gemeinsamen Spielzeitbuch aller Sparten der Theater und Philharmonie Essen (TUP) – Aalto Musiktheater, Aalto Ballett Essen, Schauspiel Essen, Essener Philharmoniker und Philharmonie Essen – veröffentlicht. Das Buch liegt ab sofort in allen Häusern der Theater und Philharmonie sowie im TUP-TicketCenter aus.
Seit rund einem Jahr zeigt sich die Theater und Philharmonie Essen in Druckpublikationen und auf Plakaten in einem neuen Gewand. Und jetzt ist es soweit: Auch die Website www.theater-essen.de erscheint in moderner Funktionalität ab sofort in dem Design des Berliner Gestalters und Kommunikationsdesigners Mario Lombardo.
Informationen zum Kartenverkauf
Der Vorverkauf für Veranstaltungen des Schauspiel Essen im September 2024 beginnt am 15. Juni 2024 an den TUP-Kassen, online und telefonisch.
Der Vorverkauf für Schulvorstellungen des Familienstücks „Alice im Wunderland“ beginnt am 22. Juni 2024 um 8:00 Uhr ausschließlich persönlich im TicketCenter. Telefonische Reservierungen für Schulklassen sind ab dem 24. Juni 2024 möglich.
TicketCenter, II. Hagen 2, 45127 Essen
Mo 10:00-16:00 Uhr | Di-Fr 10:00-17:00 Uhr | Sa 10:00-14:00 Uhr
Kasse im Aalto-Theater, Opernplatz 10, 45128 Essen
Di-Sa 13:00-18:00 Uhr
Ticket-Hotline
Mo 10:00-16:00 Uhr | Di-Fr 10:00-17:00 Uhr | Sa 10:00-14:00 Uhr
T 02 01 81 22-200 | F 02 01 81 22-201
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