Seit 1961 zeigt eine Plakette auf dem Kennzeichen: Dieses Fahrzeug entspricht den gesetzlichen Vorschriften. Die Anforderungen an die Hauptuntersuchung haben sich seitdem kontinuierlich geändert. Die Auswertungen der Mängellisten seit 1993 legen offen: Bis vor zehn Jahren war Korrosion noch der Hauptfeind des Autos, heute steht die Beleuchtung, gefolgt von den Bremsen und Lenkung, ganz oben auf den Mängellisten. Das liegt am Sieg über den Rost, am Einzug von immer mehr sicherheitsrelevanter Elektronik selbst bei Massenfahrzeugen und an der insgesamt stark gestiegenen Qualität der Fahrzeuge. Sie werden heute wesentlich länger genutzt als noch vor zwanzig Jahren. Das hat besonders Auswirkungen auf Verschleißteile wie beispielsweise die Bremsen. Die rasante Entwicklung bei den elektronischen Sicherheitssystemen erfordert zudem die ständige Anpassung der Hauptuntersuchung: "Die Qualität der Hauptuntersuchung in Deutschland hat einen bedeutenden Anteil an der hohen Sicherheit auf deutschen Straßen. Diese Qualität gilt es mit Blick auf neue Mobilitätsformen wie bei Elektrofahrzeugen zu halten und auszubauen", betont Horst Schneider.
Die Mängelentwicklung zeigt: Sachverständige brauchen heute mehr den Laptop als den Schraubenzieher. Die Überprüfung sicherheitsrelevanter Fahrzeugelektronik spielt eine zunehmend große Rolle. Auch vor dem Hintergrund, dass Innovationen wie Spurüberwachung oder Totwinkelsensoren immer schneller Einzug in Massenautos halten, wie aktuell am Beispiel des neuen Ford Focus zu sehen ist.
Wertvolle Hinweise für Fahrzeughersteller
Eine Antwort auf die rasanten Entwicklungen in der Fahrzeugtechnik ist die erweiterte elektronische Hauptuntersuchung seit 2009. "Im kommenden Jahr gehen wir mit der Einführung neuartiger Prüfgeräte einen weiteren wichtigen Schritt", so Schneider. Damit prüfen die Sachverständigen das Vorhandensein und die Funktionsfähigkeit elektronischer Sicherheitssysteme direkt am Fahrzeug. "Damit haben wir nicht nur eine wesentlich zuverlässigere Prüfung, sondern können darüber hinaus auch den Fahrzeugherstellern wertvolle Hinweise für die Fahrzeugoptimierung liefern", so Schneider.
Die Prüfgeräte sind ein wichtiger und konsequenter Schritt in Sachen Vereinheitlichung und damit ein großer Schritt zur Qualitätsverbesserung insgesamt: "Wenn elektronische Sicherheitssysteme verbaut sind, müssen sie auch über die gesamte Lebensdauer funktionieren. Mit dieser neuen Prüftechnologie tragen wir den immer komplexer werdenden Fahrzeugsystemen Rechnung. Dies wird direkt der Verkehrssicherheit zugutekommen", sagt Schneider.
Elektroantrieb fordert neue Standards
Energierückgewinnung beim Bremsen, Isolationswächter, elektrische Spannungsspitzen von bis zu 1.000 Volt - alles Fakten, die belegen: Elektroautos fordern ganz neue Lösungen bei der HU. Im Kern der Sicherheitsfragen stehen die Batterie und der Schutz vor Stromschlag. Dazu haben die Experten von TÜV SÜD im letzten Jahr die ersten Hauptuntersuchungen an Elektroautos durchgeführt. Sie sind Grundlage für die Normenentwicklung in den Gremien, in denen TÜV SÜD-Experten an der Hauptuntersuchung für Elektrofahrzeuge mitarbeiten. "Für die HU an Elektroautos müssen wir einheitliche Prüfkriterien erarbeiten, mit denen wir vor allem die Sicherheit des Komplettsystems Fahrzeug über die gesamte Lebensdauer garantieren können", so Schneider. "Der Durchbruch der E-Mobilität hängt nicht zuletzt von der Sicherheit der Fahrzeuge ab."
Die Welt schaut auf die HU
Ob Rost oder E-Mobilität: Moderne Fahrzeugüberwachung bedeutet im Zeitalter uneingeschränkter Mobilität, dass für die Hauptuntersuchung europaweit ein hoher Standard erforderlich ist.
Gerade vor dem Hintergrund einer einheitlichen europäischen Verkehrspolitik sind hohe Standards bei der Fahrzeugüberwachung ein Baustein für mehr Sicherheit auf Europäischen Straßen. Europa verfolgt mit dem Projekt "Vision Zero" ein ehrgeiziges Ziel: "Gemeinsam wollen wir die Zahl der Verkehrstoten auf null reduzieren. Ein hoher Sicherheitsstandard aller Fahrzeuge leistet dazu einen wichtigen Beitrag", betont Schneider. Die HU in Deutschland ist inzwischen internationales Vorbild für die periodische Fahrzeugüberwachung. Die Plakette nach deutschem Vorbild gibt es beispielsweise in der Türkei. In vielen anderen Ländern arbeiten die TÜV SÜD-Spezialisten an der Entwicklung der Hauptuntersuchung oder kooperieren mit den dort ansässigen Prüforganisationen wie beispielsweise in Südafrika. Die HU in Deutschland ist also auch ein guter Maßstab für Europa. "Die vor uns liegenden Herausforderungen wie die schnelle Umsetzung der Elektromobilität meistern wir nur gemeinsam", sagt Schneider. "Das gilt auch für die HU."
Historisch ist 2011 nicht nur aufgrund 50 Jahre TÜV-Plakette ein wichtiges Jahr für TÜV SÜD. Das Unternehmen feiert in diesem Jahr 100 Jahre sichere Mobilität: Am 15. Oktober 1910 gründete der Württembergische Dampfkessel-Revisionsverein, ein TÜV SÜD-Vorgänger, eine Spezialabteilung zur Fahrzeugprüfung. Ab dem Jahr 1911 entwickelte sich die Fahrzeugprüfung zu einem tragenden Geschäftsfeld von TÜV SÜD.
Weitere Informationen zum Thema Mobilität und zur Hauptuntersuchung gibt es unter www.tuev-sued.de.
Bildtext: Schlange stehen wie hier in München war gestern: Nicht nur die Prüftechnologie hat sich seit den 60-er Jahren dramatisch weiter entwickelt, sondern auch der Kundenservice. Heutzutage können die Autofahrer ihren Prüftermin bei TÜV SÜD online buchen. Wartezeiten sind Vergangenheit.