Der Untertitel „Einführung hochautomatisiertes Fahren“ zeigte schon, was die Branche derzeit bewegt. Die technische Entwicklung macht es möglich, dass Assistenzsysteme schon eigenständig Fahraufgaben übernehmen können. Die ersten Autos werden als „Level 3 ready“ bei der Automatisierung angeboten. Sie können – so diese Stufe drei von fünf freigegeben ist – auf der Autobahn bis Tempo 120 selbständig unterwegs sein. Der Fahrer hat allerdings als Fallback-Ebene zur Verfügung zu stehen. Für weitergehende Formen der Automatisierung befassten sich die Experten aber bereits mit dem „teleoperierten Fahren“. Dabei greift im Bedarfsfall ein weit entfernt sitzender Fahrer per Fernsteuerung ein.
Damit diese Wege auch stets und sicher funktionieren, müssen sie zuvor genau geprüft und homologiert sein. „Absicherung und Freigabe sind der Dreh- und Angelpunkt des automatisierten Fahrens“, sagte Prof. Dr.-Ing. Lothar Wech von der Technischen Hochschule Ingolstadt auf der Tagung im Hause von TÜV SÜD. In der praktischen Umsetzung wird auch nach Ansicht anderer Teilnehmer der Tagung die Simulation zukünftig eine größere Rolle einnehmen. Mit ihr ließen sich 50 Millionen Szenarien an einem Tag prüfen, was an einem Fahrzeug selbst absolut unmöglich ist.
Die Elektronik des Autos selbst wird sich immer öfter in einer Weise betragen, die an menschliches Verhalten erinnert. Sehr häufig fiel während der Tagung das Stichwort „neuronale Netze“. Gemeint sind eine Art künstlicher Nervenstränge, die selbständig lernen können. Das geht in Richtung Künstliche Intelligenz, die nach Ansicht mehrerer Redner auf der Konferenz noch „wohldosiert“ eingesetzt werden sollte. Einen ersten Schritt zeigte ein Vortrag über das überwachte maschinelle Lernen zur Imitation menschlichen Fahrverhaltens auf. Ein anderer zur virtuellen Bewertung von Fahrerassistenzsystemen unter Berücksichtigung menschlichen Fahrens ging in die gleiche Richtung.
Die Technische Universität München stelle ihr Projekt IMAGinE vor, das mittels eines Kooperations-Assistenten sogar freundliche Gesten ins automatisierte Fahren bringen will. Ein nur nach technischer Logik funktionierendes Auto würde beispielsweise nie einem anderen die eigene Vorfahrt überlassen. Ein Kooperations-Assistent kann hingegen lernen, es ähnlich wie der Mensch durchaus zu tun oder auch mal einem anderen Verkehrsteilnehmer den Spurwechsel zu erlauben.
Neben solchen geradezu menschlich wirkenden Eigenschaften von automatisierten Autos diskutierten die Experten bei TÜV SÜD auch die dahinterliegende Technik. Sensoren wie Kameras oder Radareinheiten werden ihre Daten in Zukunft immer häufiger an zentrale Domain-Computer der Fahrzeuge liefern und nicht mehr jeder für sich an eigene Steuergeräte. Die ersten Autos sind bereits damit ausgerüstet. Die Zukunft wird laut dem Vertreter eines Autoherstellers dabei auch mehr „nonexklusive Plattformen“ kennen. Die prinzipiell gleiche Technik wird mehreren, auch im Wettbewerb stehenden Unternehmen zur Verfügung stehen. Dies senkt Kosten und macht modernste Systeme für eine größere Anzahl von Fahrzeugen verfügbar.
Vorträge und Diskussionen zu den Sensoren zeigten auf, wie sehr die Daten von Kamera- und vor allem Radarsignalen von einer Aufbereitung profitieren können. Einerseits berichteten Redner von den immer noch problematischen Störungen des Radars durch Leitplanken. Andererseits können diese Geräte inzwischen bereits unter einem vorausfahrenden Fahrzeug hindurch die davorliegende Straße abscannen. Und Kamerabilder erkennen in schwierigen Beleuchtungssituationen noch Fußgänger und Fahrzeuge, die Menschen hinter dem Steuer wahrscheinlich übersehen hätten.
Solche in Richtung automatisiertes Fahren entwickelten Systeme werden nach Ansicht der Experten auf der Tagung der TÜV SÜD Akademie auch dann von Nutzen sein, wenn noch ein Fahrer selbst lenkt. Die Automatisierung hat den Fahrerassistenzsystemen also einen großen Schub verliehen.