„Das wichtigste Ergebnis unserer Studie ist, dass Menschen, die nahe an einer vielbefahrenen Straße wohnen, eine stärkere Arteriosklerose der Herzkranzgefäße – die Blutgefäße, die das Herz versorgen – aufweisen als solche, die weiter entfernt wohnen,“ sagt Dr. Barbara Hoffmann vom Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie der Universität Duisburg-Essen. „Dies gilt auch, wenn wichtige Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen, wie Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes und ein hoher Cholesterinspiegel berücksichtigt werden.“
Verglichen mit Studienteilnehmern, die mehr als 200 m entfernt von einer Autobahn oder Bundesstraße wohnen, ist die Chance, eine starke Verkalkung zu haben, erhöht um
- 63% für diejenigen, die innerhalb 50 m wohnen,
- 34% für diejenigen, die innerhalb 51-100 m wohnen und
- 8% für diejenigen, die innerhalb 101-200 m wohnen.
Die Hauptursache für innerstädtische Unterschiede in der Feinstaubkonzentration ist der Verkehr. Feinstäube sind kleine Schwebeteilchen, die unter anderem bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe, in Industrie und Landwirtschaft und bei der Holzverbrennung entstehen.
Während frühere Untersuchungen bereits einen Zusammenhang zwischen der Luftverschmutzung mit Feinstaub und dem Risiko für Herzinfarkte und plötzlichem Herztod gezeigt haben, verbindet die Heinz Nixdorf Recall Studie die Verkehrsbelastung mit der Arterioskleose der Herzkranzgefäße, dem wichtigsten Grund für Herzerkrankungen. „Dies ist die erste Studie, die einen Zusammenhang zwischen einer langandauernden hohen Verkehrsbelastung nahe der Wohnung und der Herzkranzgefäßverkalkung untersucht. Damit zeigen wir einen möglichen Mechanismus der Wirkung von Feinstäuben auf das Herz,“ sagt Dr. Hoffmann.
Die Studie wurde durchgeführt im Rahmen der Heinz Nixdorf Recall Studie, die seit 2000 in den drei Städten Mülheim, Essen und Bochum neue Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen untersucht. Insgesamt 4814 zufällig ausgewählte Männer und Frauen im Alter von 45-74 Jahren wurden bei der Erstuntersuchung nach bekannten Risikofaktoren und Vorerkrankungen befragt. Es wurden unter anderem umfangreiche Laboranalysen und Ultraschalluntersuchungen des Herzens und der Gefäße durchgeführt. Der Verkalkungsgrad der Herzkranzgefäße wurde mit der Elektronenstrahl-Computertomographie (EBCT) ermittelt. Die Wohnadresse der Teilnehmer wurde genutzt, um ihre chronische Belastung gegenüber Verkehr und Feinstäuben abzuschätzen. Die Untersuchung wurde durchgeführt in enger Kooperation mit den drei beteiligten Städten.
Nach fünf Jahren werden die Studienteilnehmer der Heinz Nixdorf Recall Studie nachuntersucht. „Dann können wir sehen, ob der Verkehr oder die Feinstaubbelastung an der Wohnung zu einer Zunahme der bestehenden Verkalkungen führen,“ sagt Dr. Hoffmann.
Die Heinz Nixdorf Recall Studie wird geleitet von Prof. Dr. Erbel, Direktor der Klinik für Kardiologie des Westdeutschen Herzzentrums, Universitätsklinikum Essen, und Prof. Dr. Jöckel, Direktor des Instituts für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Universitätsklinikum Essen. Die Heinz Nixdorf Stiftung finanziert die Studie. Autoren der Untersuchung sind Dr. B. Hoffmann M.P.H., Dr. S. Moebus M.P.H., PD Dr. S. Möhlenkamp, Prof. Dr. A. Stang M.P.H., Dr. N. Lehmann, Dr. N. Dragano, PD Dr. A. Schmermund, Dr. M. Memmesheimer, Prof. Dr. K. Mann, Prof. Dr. R. Erbel, und Prof. Dr. K.H. Jöckel.