Ohne Sprache geht es nicht. Sie hilft uns, uns mit anderen Menschen auszutauschen und die Welt zu erschließen. Allerdings ist die Sprache flüchtig. Um Nachrichten und Erzählungen, Traditionen, Gesetze oder auch Weltbilder dauerhaft festzuhalten, sie über größere Entfernungen oder an die nächsten Generationen zu übermitteln, brauchen wir ein weiteres Hilfsmittel: die Schrift. Bereits im Alten Orient benutzten daher die Hethiter eine Keilschrift, die Ägypter Hieroglyphen und auch die Germanen gingen später nach und nach von der mündlichen zur schriftlichen Überlieferung über.
Wie sich diese Entwicklung vollzog, können Sie beim Wissenschaftssommer am Stand der Akademienunion erfahren. Dort präsentieren wir Ihnen ausgewählte Ergebnisse der Akademieprojekte "Hethitische Forschungen", "Inschriften des ptolemäerzeitlichen Tempels in Edfu", "Byzantinische Rechtsquellen" und "Mittelhochdeutsches Wörterbuch" der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.
Zu sehen ist unter anderem ein Modell des Horus-Tempels in Edfu, der zu den eindrucksvollsten Sakralbauten Ägyptens zählt. Kein anderer Tempel der Antike ist heute noch so gut erhalten, seine Wände sind über und über mit Inschriften bedeckt. Wie ein Kompendium ägyptischen Wissens berichten sie zahllose Details zur ägyptischen Religion und damit zum ägyptischen Weltbild, aber sie vermitteln auch Informationen zur Geschichte, zur Verwaltung und vielem anderen. Außerdem tradieren sie Gedankengut, das bis in die ältesten Zeiten pharaonischer Geschichte reicht. Viele ältere Texte, die nur Andeutungen enthalten, können erst durch diese Inschriften interpretiert werden, die durch das Projekt im Akademienprogramm erschlossen werden.
Doch die Ägypter waren keineswegs die Ersten, die eine Schrift entwickelten. Bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. fand im südlichen Irak eine weltgeschichtliche Wende statt: Erstmals entstanden hier Städte. Als Hilfsmittel der Verwaltung wurde eine Schrift ("Keilschrift") erfunden, die drei Jahrtausende lang in Gebrauch blieb. Die Sprache der Schrifterfinder war das Sumerische, im 2. Jahrtausend v. Chr. wurde das Babylonische die wichtigste "Keilschriftsprache". Sie wurde in ganz Vorderasien und Ägypten als Diplomatensprache benutzt. Im Laufe der Zeit fand die Keilschrift in mindestens neun verschiedenen Sprachen Verwendung. Auch die Hethiter, die im 2. Jahrtausend v. Chr. in der heutigen Türkei lebten, übernahmen die Keilschrift. Über diese Entwicklungen können Ihnen die Mitarbeiter der "Hethitischen Forschungen" Auskunft geben.
Das "Mittelhochdeutsche Wörterbuch" dagegen erfasst den Wortschatz des hochmittelalterlichen Deutsch. Bis dahin war es ein weiter Weg, denn die Germanen überlieferten ihre Traditionen zunächst nur mündlich - drei Versuche brauchten sie bis zu einer Schriftsprache, wie Ihnen die Mitarbeiter des "Mittelhochdeutschen Wörterbuchs" beim Wissenschaftssommer berichten werden.
Seit es Schrift gibt, wird auch das Recht mit ihrer Hilfe festgeschrieben und weitergegeben. Manchmal wirkt das von der Antike bis heute nach. Egal ob man ein Haus mietet oder ein Auto kauft - die Normen und Gesetze, die wir dabei einhalten, gehen auf das römische Recht zurück. Es prägt die europäischen Gesellschaften und ihre Kulturen. Das byzantinische Recht stellt die griechische Weiterentwicklung des römischen Rechtes dar. Sein Einfluss in Ost- und Südosteuropa ist noch heute spürbar. Die Wissenschaftler, die die "Byzantinischen Rechtsquellen" erforschen, erklären Ihnen gern am Stand die Details.