Weder der Protest von über 7000 Teilnehmern einer Online-Petition für den Erhalt des Hippodrom-Wiesnzeltes, noch die Demonstration nunmehr "ehemaliger Mitarbeiter" des beliebten Promizeltes, konnten es verhindern: das Hippodrom ist Geschichte, das Marstall kommt. Siegfried Able, bisher auf dem Oktoberfest mit einem kleinen Zelt namens "Kalbs-Kuchl" und einigen Standl vertreten, hat gleich eine ganze Reihe von geeigneten Bewerbern aus dem Rennen geworfen. Ob er das wirklich alleine geschafft hat, darüber wird hinter den Kulissen heftig diskutiert. Vor allem der zeitliche Ablauf und einige Indiskretionen im Vorfeld lassen die Kritiker ungläubig staunen. Der zukünftige Oberbürgermeister Reiter gerät dabei ebenfalls zwischen die Mühlen, verteidigte er doch den Zuschlag an Able sehr frühzeitig, vielleicht sogar zu früh?
Das Bewerbungsverfahren für den Platz des Hippodrom schien ohnehin unter keinem guten Stern zu stehen. So kämpfte Sepp Krätz samt Familie bis zuletzt darum. Dem aufmerksamen Betrachter entging dabei nicht, dass direkt nach Vorlage des Gerichtsurteils im Steuerhinterziehungsprozess gegen Krätz (genauer gesagt nach exakt 19 Minuten) erstmals Ables Name öffentlich gehandelt wurde. Und das, obwohl es einige Bewerber mehr gab. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde gemunkelt, dass Able wertvolle Tipps erhalten habe, die ihm einen Wettbewerbsvorteil verschafft hätten. Offen aussprechen wollte das niemand, aber ein Gerücht dieser Art hält sich hartnäckig, wenn denn das spätere Ergebnis exakt so ausfällt, wie scheinbar geplant.
Die Stadtratssitzung am Montag, den 28.April 2014, wurde von Teilnehmern zwar als sachlich beurteilt und man habe auch keine negativen Auffälligkeiten feststellen können. Die Entscheidung für Siegfried Able sei sogar mit großer Mehrheit gefallen. Dieter Reiter quittierte dieses mit Zufriedenheit und würde das Thema damit gerne beenden. Ob das tatsächlich gelingt, bezweifelt nicht nur Franz Bergmüller, Landesvorsitzender des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur VEBWK: "Dieses Zulassungsverfahren hat irgendwie MarSTALLgeruch. Der Bewerber Able mag ja durchaus ein geeigneter Kandidat sein, aber derer gibt es wahrscheinlich viele. Wieso hat sich Herr Able eigentlich in diesem Jahr ausschließlich um eine Zulassung als Großzeltbetreiber beworben und seine bisherige Präsenz mit kleinerem Zelt fallen gelassen? Konnte er das Risiko der Bewerbung einschätzen, weil er Kenntnisse hatte, die anderen verborgen blieben? Solche Spekulationen keimen doch automatisch auf, wenn man eins und eins zusammenzählt. Schon allein die Investitionsplanung für ein solches Vorhaben müsste doch bereits seit Monaten bestehen, wenn man rechtzeitig zur Wiesn 2014 fertig sein will, oder? Weder die Politik, noch das Wirtschaftsreferat und Siegfried Able kommen bei der Sache richtig gut weg. Da bleibt etwas hängen und der Geruch dürfte länger anhaften."
Bleibt also abzuwarten, ob noch ein Nachspiel kommt. In dieser Angelegenheit sind die Gemüter nämlich noch lange nicht beruhigt und der neue OB Reiter wird bei offiziellem Amtsantritt möglicherweise eine "Hippodrom-Hypothek" in kauf nehmen müssen.