Eine ältere Frau hatte einige Gläschen "Melissengeist" intus und wurde mit 1,28 Promille erwischt. Der Führerschein war logischerweise weg. Das Amtsgericht hatte eine Sperre von drei Monaten angeordnet, damit sich die Frau auf ihre "zum Führen von Kraftfahrzeugen notwendige charakterliche Eignung" besinnen könne. Die Führerscheinbehörde ging noch weiter: sie forderte einen Abstinenzbeweis samt medizinisch-psychologischer Untersuchung (MPU), im Volksmund auch "Depperltest" genannt, an. Ein Sachbearbeiter hatte so entschieden. Der VGH gab diesem nun Recht und schuf damit gänzlich neue Voraussetzungen für alle Teilnehmer im Straßenverkehr. Bergmüller liegt nicht falsch mit der Annahme, dass dieses Urteil Tür und Tor für Willkür öffnen kann.
Früher wurde eine MPU in jedem Fall fällig, wenn 1,6 Promille überschritten wurden. Die Absenkung auf 0,3 Promille könnte dafür sorgen, dass die Zahl der MPU's sprunghaft ansteigt und bereits kleinste Verfehlungen zur aufwändigen und häufig im ersten Durchgang nicht zu bestehenden Untersuchung führen. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, dieses "Schlupfloch zur Willkür" schnellstmöglich zu schließen, damit hier keine neue Hydra der Bevormundung und Erwachsenen-Erziehung entsteht. Alkoholfahrten sind grundsätzlich nicht zu verteidigen, aber die bisherige Regelung trägt den wesentlichen Anforderungen ausreichend Rechnung. Eine Verschärfung auf 0,3 Promille-MPU, die zudem auf Sachbearbeitungsebene der Führerscheinbehörde angeordnet werden kann, würde mehr Kosten, mehr Verfahren und mehr Unverständnis der Bürger verursachen. Hier ist also der Gesetzgeber zu sofortiger Überprüfung und sachgerechter Klärung aufgefordert.