Einzelner bringt ganze Branche in Verruf
Am Beispiel des Dioxinskandals könne man sehen, so Huber, wie schnell eine gesamte Branche wegen der kriminellen Machenschaften eines einzelnen Unternehmens am Pranger stehe. Obwohl der Verursacher ein Futtermittelhersteller war, war sofort von Agrarfabriken, Massentierhaltung und Billigfleisch die Rede. "Die gesamte Fleischwirtschaft wurde angegriffen und musste in die Verteidigungshaltung gehen," monierte Huber. Daher wurde beschlossen, den Kritikern mit einer einheitlichen Branchenkommunikation zuvorzukommen und sich aktiv in die Diskussion einzumischen.
"Gegen Tierschutzverbände kommen Sie nicht an, eine sachliche Auseinandersetzung ist hier nicht möglich", bedauerte Peter Bleser (CDU), Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV). Bleser, selbst praktizierender Landwirt mit Milchviehhaltung in der Eifel, stellte eine Emotionalisierung der Beziehung zwischen Mensch und Tier vor allem in den städtischen Ballungszentren fest, und zwar im Gegensatz zu den ländlichen Räumen. Er kritisierte die Aggressivität der Tierschutzverbände und nahm dies als Ansporn für die Landwirtschaft, den Tierschutz weiter zu verbessern. Allerdings habe man schon einiges erreicht. "Wir haben in der Rinderhaltung beispielsweise Boxenlaufställe, für die kranken Tiere gibt es eigene Boxen, für die Kälber ebenfalls - wo sollen wir uns denn noch steigern?", fragte er. Letztlich müsse der Tierschutz auch noch wirtschaftlich sein. Die derzeit geführten Diskussionen, eben auch über den Tierschutz und den Konsum von Fleisch, würden von einer Wissenschaftliche Grundlagen zu schaffen, sei der einzige Weg, um die Öffentlichkeit zu erreichen, war der Politiker überzeugt.
Tierschutz gewinnt an Bedeutung
Ähnlich sah es Prof. Dr. Jörg Hartung von der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) Hannover. In seinen Augen wird der Tierschutz in Deutschland weiter an Bedeutung gewinnen. Jedoch seien die Konsumenten hier inkonsequent. So hätten Untersuchungen ergeben, dass ein Großteil der Bevölkerung den Tierschutz hoch einschätzt und sein Einkaufsverhalten tierfreundlicher gestalten will. Allerdings würde nur ein relativ geringer Prozentteil dies auch tatsächlich tun.
Beim Transport der Tiere hat sich nach Hartungs Ansicht in den vergangenen Jahren einiges getan, die Anforderungen an Fahrzeuge und Betreuer seien weiter gestiegen. An der TiHo laufen derzeit Untersuchungen zu Tiertransporten. Dabei wurde beispielsweise bei Tests mit Fahrzeugen anhand von Außen- und Beschleunigungssensoren die Temperaturentwicklung während der Fahrt überwacht, um festzustellen, welche Wärmebelastung die Tiere ertragen können. Bei den bisherigen Untersuchungen habe es keine kritischen Situationen gegeben, welche die körpereigene Thermoregulation der Tiere überfordert hätte, erläuterte Hartung. Die Belastung steige erst ab Außentemperaturen von über 28°C, was nur bei stehenden Fahrzeugen beobachtet wurde. Als am stressigsten für die Tiere wurde vielmehr die vorgeschriebenen Pausen während der 24-Stunden-Transporte festgestellt. Die Kämpfe in den Boxen seien während dieser Pause am anstrengendsten.
Intensivierung weicht der Lebensqualität
Der Wissenschaftler hofft, dass die Erkenntnisse aus den derzeitigen Untersuchungen in das europäische Tierschutzrecht eingearbeitet werden, das in der Entstehung ist. Damit soll sich eine bessere Kontrolle und Durchsetzung der geltenden Rechtsvorschriften vollziehen. Hartung forderte in diesem Zusammenhang eine wissenschaftliche Grundlage der Tierschutzanforderungen. Gleichzeitig unterstrich er gegenüber den anwesenden Branchenvertretern, dass die Phase der Intensivierung in der Tierproduktion durch das Zeitalter der Lebensqualität für die Tiere abgelöst werden wird.
Gleichwohl sah er das Problem des schwierigen Dialogs zwischen der Fleischbranche und der Öffentlichkeit. Daher müsste die Ernährungswirtschaft zusammen mit Wissenschaft, Verbrauchern und Verbänden daran arbeiten, um einen Dialog zu erreichen, argumentierte der Veterinärmediziner.
Wie schwierig dieser Dialog jedoch ist, zeigt der derzeitige Aufreger in der Fleischwirtschaft. Seit ein EU-Beamter vor Kurzem gemutmaßt hatte, dass die Tiere beim Transport wohl circa 20 cm Kopffreiheit bräuchten, damit eine ausreichende Luftzirkulation gewährleistet ist, wird heftig darüber diskutiert. Sollten aber diese 20 cm tatsächlich gesetzlich festgeschrieben werden, kämen auf die Transporteure enorme Kosten zu, da mehrstöckige Transporte eingeschränkt würden. Dies würde für die Unternehmen zu wirtschaftlichen Einbußen führen.
"Wer trägt hier am Ende die Kosten?", fragte dazu Fahrzeugbauer Josef Finkl aus Bissingen. Er sowie zahlreiche Anwesende kritisierten darüber hinaus die mangelnde Abstimmung zwischen Bund, Länder und Gemeinden im Hinblick auf Engstellen, etwa durch Brücken sowie beim hindernisfreien Zugang zu Gewerbegebieten. Finkl ist der Ansicht, dass der Tierschutz beim Transport im Allgemeinen gewährleistet sei. Letztlich hänge es stets auch vom Personal ab.
Ein wichtiger Punkt ist die Lüftung. Gerade in diesem Bereich, aber auch bei den Tränken und der Temperaturmessung, sieht es bei den Fahrzeugen der VdAW-Mitglieder sehr gut aus, wie Daniel Weeber, VdAW-Fachreferent für Vieh und Fleisch in Wörth berichtete. Er hatte eine Umfrage unter den Betrieben gemacht und sie um Angaben zu Beschaffenheit und Technik ihrer Transporter gebeten. Darüber hinaus liegen dem Verband bislang keine wissenschaftliche Erkenntnisse über die diskutierte Mindesthöhe von 20 cm oder gar ein konkreter Vorschlag zu einer Gesetzesänderung vor.