In der ersten Jahreshälfte war es zu zwei schweren Busunfällen mit vier Toten und mehr als 40 Verletzten auf Autobahnen in Sachsen und Nordrhein-Westfalen gekommen. Im Jahr 2023 sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 6.265 Insassen von Bussen bei Unfällen verletzt worden, ein Anstieg von gut 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 16 Personen sind tödlich verunglückt (plus 100 Prozent). Während der Corona-Pandemie war die Zahl der Verunglückten bis auf rund 4.100 im Jahr 2020 zurückgegangen, steigt seitdem aber kontinuierlich an und liegt jetzt wieder auf dem alten Niveau. „Bei der Realisierung der ‚Vision Zero‘ mit möglichst null Verkehrstoten kommt Deutschland kaum voran“, sagte Goebelt. „Dafür ist ein grundsätzliches Umsteuern in der Verkehrspolitik notwendig.“ Dazu zählt der Ausbau einer sicheren Straßeninfrastruktur, Begrenzungen der Geschwindigkeiten und eine Stärkung des öffentlichen Verkehrs. Im Jahr 2023 lag die Zahl der im Nahverkehr beförderten Personen immer noch unter dem Vor-Corona-Jahr 2019: Im Linienverkehr mit Straßenbahnen um 10 Prozent, bei Regional-, S- und U-Bahnen um fast 7 Prozent und bei Bussen um 5 Prozent. Anders als der Reiseverkehr mit der Bahn erholt sich der Fernverkehr mit Bussen nur langsam und lag 2023 noch 50 Prozent unter dem Level von 2019.
Beim Thema Sicherheit sind aber auch die Busunternehmen gefragt. „Im Reise- und Fernverkehr gilt eine Anschnallpflicht, die aber selten kontrolliert wird“, sagte Goebelt. Nicht angeschnallte Insassen laufen Gefahr, sich bei einem Unfall schwerer zu verletzten. Um die Situation zu verbessern, empfiehlt der TÜV-Verband Kontrollgänge durch Fahrpersonal vor der Abfahrt wie im Flugverkehr. „Busbetriebe sollten das Thema Sicherheit ganzheitlich betrachten“, sagte Goebelt. Neben der technischen Sicherheit mit regelmäßigen Wartungen und Prüfungen ist die Kompetenz des Fahrpersonals entscheidend. Diese reichen von der kompetenten Durchführung von Abfahrtskontrollen über die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten bis hin zu Verhaltensregeln für die sichere Evakuierung von Fahrgästen im Notfall. Goebelt: „Mit der Zertifizierung durch eine Prüforganisation können sich Busunternehmen ihre Maßnahmen für eine sichere Personenbeförderung von externer Stelle bestätigen lassen.“
Antriebswende bei Bussen weiter vorantreiben
Die Elektrifizierung der Busflotten in Deutschland hat in den letzten Jahren weiter an Fahrt aufgenommen. Laut KBA waren Anfang des laufenden Jahres 2.640 Elektrobusse im Einsatz, was jedoch nur einen Anteil von 3,3 Prozent am Gesamtbestand der Kraftomnibusse ausmacht. Die Antriebswende wird insbesondere durch kommunale Verkehrsbetriebe vorangetrieben, die gemäß der EU-Richtlinie „Clean Vehicles Directive“ verpflichtet sind, zunehmend emissionsfreie Busse anzuschaffen. Bis zum Jahr 2030 sollen nach den aktuellen Anschaffungsplänen mehr als 8.000 Elektrobusse hinzukommen, wobei der Großteil dieser neuen Fahrzeuge batterieelektrisch betrieben wird. „Die Elektrifizierung der Busflotten ist ein unverzichtbarer Schritt in Richtung nachhaltiger Mobilität“, so Goebelt. Mit der Entscheidung der Ampelkoalition, die E-Bus-Förderung des Bundes zu streichen, droht jedoch der Transformationsweg ins Stocken zu geraten. Die Herausforderungen bestehen weiterhin in der Finanzierung und der notwendigen Infrastruktur für die Ladestationen. „Reisebusse werden aufgrund der längeren Strecken erst zu einem späteren Zeitpunkt vollständig elektrifiziert, doch auch hier ist der Wandel bereits absehbar“, sagte Goebelt.
Laut TÜV Bus-Report 2024 stechen Mängel an der Beleuchtung und Ölverluste besonders hervor. 5,1 Prozent der Busse wiesen Ölverluste auf, ein Anstieg um 0,8 Prozentpunkte. „Ölverluste am Motor oder Antrieb sind ein erhebliches Umwelt- und Sicherheitsrisiko, da sie bei Unfällen brandbeschleunigend wirken“, sagte Goebelt. Beleuchtungsmängel, vor allem an der hinteren Fahrzeugbeleuchtung, betrafen 3,8 Prozent der Fahrzeuge. Hier war vor allem bei älteren Fahrzeugen ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen – bei Bussen ab zehn Jahren liegt die Mängelquote für die hintere Beleuchtung bei über 9 Prozent. 75,4 Prozent der Busse bestanden die HU ohne Mängel, ein Rückgang gegenüber 78,6 Prozent im Jahr 2022. Während bei den jüngeren Fahrzeugen bis zu einem Alter von drei Jahren die Mängelquoten sehr niedrig sind, zeigen Busse ab einem Alter von zehn Jahren verstärkt Defizite. Hier sind es insbesondere mechanische Bauteile wie Federung und Antrieb, die zunehmend Probleme bereiten. Goebelt: „Gerade bei älteren Bussen ist es wichtig, die Wartungs- und Prüfintervalle strikt einzuhalten.“ Laut KBA sind Busse in Deutschland derzeit im Schnitt 8,3 Jahre alt.
Neben der Wartung spielt auch die Schulung des Fahrpersonals eine entscheidende Rolle. Der Umgang mit modernen Assistenzsystemen wie Spurhalte- oder Notbremsassistenten sollte fester Bestandteil der Ausbildung und regelmäßiger Fortbildung sein. „Assistenzsysteme sind für die Sicherheit unerlässlich, werden aber bisher nicht ausreichend überprüft“, sagte Goebelt. Der TÜV-Verband plädiert dafür, dass neben einer elektronischen Prüfung der Funktion auch die tatsächliche Wirkung der Assistenzsysteme bei der Hauptuntersuchung geprüft wird. Zudem müsse der Zugang zu den digitalen Fahrzeugdaten für unabhängige Prüforganisationen erleichtert werden, um eine umfassende Prüfung der zunehmend komplexen Systeme sicherzustellen. Auch die EU-Politik sollte hier tätig werden, um die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.
Methodik-Hinweis: Für den TÜV-Report Omnibus 2024 wurden rund 58.600 Hauptuntersuchungen von Bussen für den Nah- und Fernverkehr ausgewertet, die in den Jahren 2022 und 2023 durchgeführt wurden. Grundlage ist der amtliche Prüfkatalog für die HU, in dem rund 150 einzelne Prüfpunkte gesetzlich vorgeschrieben sind.