Seit 1. Juli erhalten deutsche Rentner mehr Geld. In den alten Bundesländern stieg die gesetzliche Rente um 3,2 Prozent, in den neuen um 3,4 Prozent. Ein Standardrentner mit rund 1.396 Euro Monatsrente erhält jetzt 45 Euro mehr im Monat. „Die Erhöhung ist spürbar, eine signifikante Verbesserung des Lebensstandards erzielt sie aber nicht“, bemängelt Tom Friess, Geschäftsführer des VZ VermögensZentrums. Im Gegenteil: Die Schere zwischen Einkünften und Finanzbedarf im Alter öffne sich immer weiter. Die folgenden Argumente zeigen, warum:
1. Das Rentenniveau sinkt
Auch wenn die Renten steigen – im Verhältnis zum beruflichen Nettoeinkommen müssen Rentner trotzdem Einbußen hinnehmen. Erhielten Neurentner zur Jahrtausendwende noch 52,9 Prozent ihres durchschnittlichen Nettoverdienstes an Rentenleistung, so liegt dieser Wert aktuell nur noch bei 48,1 Prozent. Zwar möchte die Bundesregierung dieses Niveau bis 2025 stabil halten, danach könnte es aber auf 44 Prozent fallen, so die Prognosen von Rentenexperten.
2. Die Gesundheitskosten explodieren
Der medizinische Fortschritt sorgt für eine bessere Versorgung, verursacht aber auch immer höhere Kosten. 2005 lagen die Gesundheitsausgaben pro Bundesbürger bei rund 3.000 Euro je Einwohner. 2016 waren es nach Angaben des Statistischen Bundesamtes schon 4.330 Euro, und die steigende Lebenserwartung treibt die Kosten zusätzlich in die Höhe.
3. Die Abgabenlast wächst
Senioren profitieren nur zum Teil von höheren Renten, weil auch die Steuerlast wächst. Bereits ab 750 Euro Monatsrente fallen Steuern an, bei Ehepaaren ab 1.500 Euro. Liegen die Jahreseinkünfte zwischen 13.470 Euro und 52.881 Euro zahlen alleinstehende Senioren zwischen 7,2 und 26,5 Prozent Einkommensteuer. Für Ehepaare gelten doppelte Beträge. Außerdem erhöht sich jedes Jahr der steuerpflichtige Rentenanteil. Wer dieses Jahr in den Ruhestand geht, der muss lebenslang 76 Prozent seiner gesetzlichen Rente versteuern, nächstes Jahr sind es bereits 78 Prozent.
4. Die Lebenserwartung steigt
Die Deutschen werden immer älter. Im Jahr 2016 geborene Jungen können mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 90,3 Jahren rechnen, Mädchen sogar mit 93 Jahren, so die Prognosen des Kölner Statistikprofessors Eckart Bomsdorf. Wer länger lebt, braucht auch länger Geld: Statt für 20 Rentenjahre muss das Vorsorgekapital künftig 30 Jahre oder länger reichen.
Zeit und Rendite arbeiten für Sparer
Die Argumente zeigen: Ohne Zusatzvorsorge wird es im Alter eng. „Wer nicht darben möchte, sollte kontinuierlich Geld beiseite legen“, rät Friess. Je früher man mit dem Sparen beginnt, desto leichter erreicht man sein Ziel. „Die Faktoren Zeit und Rendite spielen dabei die entscheidende Rolle“, unterstreicht der Finanzexperte. Wer zum Beispiel 500.000 Euro ansparen möchte, der muss bei einer Spardauer von 30 Jahre und einer Rendite von 5 Prozent monatlich 598 Euro zur Seite legen. Wer hingegen nur 10 Jahre Zeit hat und sich mit einer Rendite von 1 Prozent zufriedengibt, der müsste 3.960 Euro pro Monat sparen – für die meisten Sparer eine utopische Summe.
Ruhestand systematisch planen
Einfach einen Sparplan bei seiner Bank eröffnen und Geld einzahlen, sichert nicht automatisch eine ausreichende Finanzbasis fürs Alter. „Ruhestandsplanung ist komplex“, betont Friess. Es gehe um viel mehr als um die Auswahl der richtigen Aktien oder Fonds. Nach Ansicht des Vermögensverwalters führen einseitige Betrachtungen oder standardisierte Banklösungen hier nicht zum Ziel. Vielmehr brauche es Erfahrung und Einfühlungsvermögen in die konkrete Situation jedes einzelnen Anlegers. Nur wenn das Ruhestandskonzept präzise auf die individuelle Vermögenssituation abgestimmt ist und die finanziellen Leistungsmöglichkeiten berücksichtigt, verspricht es Erfolg.