Im Juni 2010 erhielt Grönland von der Internationalen Walfangkommission (IWC) die Erlaubnis, 9 Buckelwale pro Jahr zu töten. Laut IWC-Vorschriften darf diese Quote jedoch erst ab Mitte Oktober legal genutzt werden. Grönlands Regierung scheint jedoch den Jägern den Weg für eine frühere Jagd auf die Tiere geebnet zu haben, obwohl sie in einem Brief an die Kommission die Verletzung der IWC-Regularien selbst anerkennt.
Der Grund, weswegen die Jäger früher mit der Jagd beginnen wollen und Grönland in einem Brief an die IWC um Verständnis bittet, ist die Wanderung der Buckelwale in die wärmeren, karibischen Gewässer im Winter, um sich dort fortzupflanzen. "Die Jäger fürchten um ihre Möglichkeit, die Wale noch rechtzeitig erlegen zu können", sagt Sue Fisher, Leiterin der Anti-Walfang-Kampagne der internationalen Wal- und Delfinschutzorganisation WDCS.
Der nordwestgrönländischen administrativen Region Qaasuitsup, in der auch der Hauptwalfangort Ilulissat liegt, wurden zwei der neun Wale zugesprochen. Mit Hilfe eines Losverfahrens wurde in der letzten Woche entschieden, wer die charismatischen Buckelwale jagen darf. Die siegreichen Jäger, zwei Boote aus Ilulissat und jeweils eines aus Aasiaat und Kangaatsiaq, dürfen ihre Wale zwischen dem 13. August und Ende Dezember erlegen.
Grönland ersuchte erstmals 2007 um eine Fangquote für Buckelwale und argumentierte, dass seine bestehenden Finn- und Zwergwalquoten nicht ausreichend seien, um den Eigenbedarf der indigenen Bevölkerung zu decken. In den darauf folgenden drei Jahren scheiterten Grönlands Anträge zum einen aus Sorge um eine zunehmende Kommerzialisierung von Walfleisch, das eigentlich subsistenzielle Bedürfnisse befriedigen soll und zum anderen aufgrund der Weigerung der Regierung, zu dokumentieren, wer in Grönland überhaupt einen solchen subsistenziellen Bedarf an Walfleisch hat.
Damit würden Buckelwale in grönländischen Gewässern nun seit 1986 erstmals wieder bejagt.
In einem kontroversen Kuhhandel, in dem Grönland Teile seiner Finn- und Zwergwalquote aufgegeben hatte, die es ohnehin nie vollständig nutzte, vergab die IWC im Juni 2010 schlussendlich eine Buckelwalfangquote. Sue Fisher weist auf die Ironie dieser Entscheidung hin: "Dieser Kuhhandel gesteht Grönland insgesamt WENIGER und nicht mehr Walfleisch zu - dies wurde jedoch völlig vertuscht. Der Sieg für Grönland bestand darin, sich die Jagdrechte auf eine neue, möglicherweise kommerziell wertvollere Spezies zu sichern."
Gerade die Europäische Union, die jahrelang geteilter Meinung über den Buckelwal-Antrag war, präsentierte einen Kompromiss, der die Beweise, die zeigen, wie grönländische Subsistenzwalfänger Wale 'im Auftrag' kommerzieller Verarbeitungsfirmen jagen und Walfleisch an Luxusrestaurants und Hotels verkaufen, völlig ignoriert. Diese Beweise hatte die WDCS im Rahmen einer Undercover-Operation in Grönland gesammelt und vorgelegt. Fisher fügt hinzu: "Es ist tragisch, dass diese Wale, die für Grönlands wachsende Tourismusindustrie lebend weitaus mehr wert sind, stattdessen bald vakuumverpackt und gefroren in Supermarktregalen zu finden sein werden."