Sigrun Lange, Leiterin des in Weilheim angesiedelten Projekts „Lebendige Flüsse“, sagte: „Flüsse und ihre Auen gehören zu den artenreichsten, aber auch zu den am meisten gefährdeten Lebensräumen. Staut man Flüsse durch Querbauten auf, zerstört man typische Flusslebensräume und behindert die Durchwanderbarkeit, was für viele Fische problematisch ist. Abstürze, Wehre und Wasserkraftwerke sind ein Hauptgrund dafür, dass Deutschland seine rechtlich verbindlichen Umweltziele für den ökologischen Zustand von Gewässern weitgehend verfehlt. Indem man nicht mehr benötigte Barrieren abreißt, kehrt das Leben in Deutschlands besonders gefährdete Süßwasserlebensräume zurück.“
Ein Beispiel hierfür ist die Renaturierung des bayerischen Fließgewässers Schwarzach durch den Rückbau des Wehres „Wutzschleife“ zwischen Neunburg vorm Wald und Rötz, die derzeit vom Wasserwirtschaftsamt Weiden verfolgt wird. Durch das alte Wehr wurde die Schwarzach künstlich unterbrochen, ihrer Eigendynamik beraubt und die Tier- und Pflanzenwelt des Gewässers stark verändert. Die Funktion des Wehres wurde bereits 1974 durch den Bau des Eixendorfer Stausees überflüssig. Das Wasserwirtschaftsamt will die „Wutzschleife“ nun zugunsten einer dynamischeren Gewässerstruktur zurückbauen, um einen „guten ökologischen Zustand“ der Schwarzach zu erreichen. Einen solchen schreibt die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verbindlich vor. Wird er bis 2027 nicht erreicht, drohen Deutschland Sanktionen. Derzeit ist der Zustand des Flusses nur „mäßig“, das heißt typische Arten finden in der Schwarzach keinen geeigneten Lebensraum mehr. Gegen den Rückbau gibt es allerdings auch Widerstand einer Bürgerinitiative.
„Verständlicherweise werden geplante Veränderungen der Landschaft zunächst einmal skeptisch gesehen. Doch wer erlebt, wie der Fluss nach einem Wehrrückbau wieder Fluss sein darf, und wie schnell flusstypische Arten in die zuvor gestauten Bereiche zurückkehren, der wird sich gerne dafür aussprechen, unnütze Barrieren zu entfernen. Die Auseinandersetzung um den Rückbau der Wutzschleife zeigt, dass noch viel Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit vor uns liegt“, sagte Sigrun Lange. Dass sich der Abriss von Wehren positiv auf Fischbestände auswirke, zeige ein anderes bayerisches Beispiel. Nachdem der Landesfischereiverband an der Mitternacher Ohe drei Wehre entfernt habe, sei der Fischbestand laut Zustandsbewertung der WRRL „sehr gut“, ein Wert, der nur in wenigen Flüssen erreicht wird. Allein in Bayern blockieren rund 57.000 kleine und größere Querbauwerke die Wanderbewegung von Fischen.
Das WWF-Büro in Weilheim engagiert sich seit über zehn Jahren im Gewässerschutz. Von 2014 bis 2021 koordinierte der WWF das Projekt „Alpenflusslandschaften“ und setzte sich mit vielen Partnern dafür ein, die ökologische Situation von Ammer, Isar und Lech zu verbessern. 2021 organisierte er mit nationalen und internationalen Verbänden die Tagung „Dam Removal goes Alps“ und entfernte im selben Jahr zusammen mit dem Wasserwirtschaftsamt Kronach ein unnützes Wehr an der Baunach in Franken.
Der WWF ist zudem Partner der Initiative „Dam Removal Europe“, die gerade einen Bericht veröffentlicht hat, wonach 2021 mindestens 237 Barrien in europäischen Flüssen entfernt wurden. Auch ist er Mitunterzeichner einer aktuellen, von 402 Organisationen getragenen Petition für frei fließende Flüsse.
Informationen zur Petition finden Sie hier: https://www.worldfishmigrationday.com/...