„Es ist wichtig, dass sich die katholischen Laien inzwischen so klar und eindeutig für eine starke Beteiligung von Betroffenen und ihr Recht auf Aufarbeitung positionieren“, sagte Claus. „Ihre Stimme trägt wesentlich zu einem Umdenken bei, nicht nur in den katholischen Gemeinden, sondern auch in Politik und Gesellschaft.“
Jeder Mensch, der in seiner Kindheit oder Jugend von sexueller Gewalt betroffen gewesen sei – nicht nur in den Kirchen –, habe „ein Recht auf Aufarbeitung“. Deswegen dürfe auch der Staat Betroffene nicht alleine lassen, „sondern muss dieses Recht so verankern, dass auch Institutionen in Aufarbeitungsprozessen extern begleitet und in die Pflicht genommen werden können. Ich freue mich deshalb sehr, dass das Zentralkomitee der deutschen Katholiken auf seiner Vollversammlung in Stuttgart Fragen gelingender Aufarbeitung, aber auch der notwendigen Verantwortungsübernahme des Staates zentralen Raum gibt.“
Im Blick auf die katholische Kirche und die Ankündigung von Bischof Stephan Ackermann, vom Amt des Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz im September zurücktreten zu wollen, sagte Claus, diese Ankündigung stelle eine Zäsur dar. Sie hoffe, dass kein Vakuum entstehe. Der begonnene Prozess der Aufarbeitung müsse fortgeführt werden.
Die Präsidentin des ZdK, Dr. Irme Stetter-Karp, dankte Kerstin Claus. Es sei nicht auszudenken, „wo unsere Kirche, unsere Bischöfe, heute in Sachen Aufarbeitung stünden“, wenn es das Amt, das nun Claus bekleide, nicht gäbe. Die Gemeinsame Erklärung ihres Vorgängers Johannes-Wilhelm Rörig und der Deutschen Bischofskonferenz über verbindliche Standards für eine unabhängige Aufarbeitung in der Kirche vom 28. April 2020 sei „zweifelsohne ein Meilenstein“ gewesen. „Nun muss es aber auch konsequent weitergehen“, sagte die ZdK-Präsidentin. Das vergangene Jahr habe einmal mehr gezeigt, „wie mühsam die Aufarbeitung in Institutionen wie der katholischen Kirche vorankommt“. Das bestärke sie in der Überzeugung: „Wir brauchen eine stärkere staatliche Normierung.“
Sie sei dankbar, so Stetter-Karp, dass Kerstin Claus die Forderungen des Papiers von 2020 weiterverfolge, „im Sinne verbindlicher Standards, gesetzlich verankerter Strukturen und einer starken Beteiligung von Betroffenen.“ Das ZdK sage Kerstin Claus „vollste Unterstützung“ zu. „Wir stehen an der Seite der Betroffenen und Opfer sexueller Gewalt. Und wir stehen an der Seite der Unabhängigen Beauftragten, wenn es darum geht, die Politik aufzufordern, in der Aufarbeitung mehr Verantwortung zu übernehmen.“