Gleich nach der politischen Sommerpause werden die Umweltpolitiker im Europäischen Parlament über eine geplante Rahmenrichtlinie zum Bodenschutz abstimmen. Die EU-Kommission will damit Gefahren wie Bodenerosion, Verlust organischer Substanz, Kontamination mit gefährlichen Stoffen, Versalzung, Versiegelung, Schutz der biologischen Vielfalt eindämmen.
Vergessen wird dabei, dass es zum einen bereits zahlreiche spezifische Regelungen auf EU-Ebene gibt – zum Beispiel in den Bereichen Wasser, Anlagenzulassung, Umgang mit gefährlichen Stoffen, Land- und Forstwirtschaft, Pflanzenschutz, Nitrat- oder verschiedene Gewässerschutzrichtlinien. Zum anderen vernachlässigt die Kommission, dass die Regionen der EU-Mitgliedstaaten geographisch höchst unterschiedlich geprägt sind und folglich auch jeweils andere Prioritäten setzen müssen.
Darüber hinaus leidet der Richtlinienvorschlag an einem altbekannten EU-Problem: Wenn die Einigung auf materielle Standards zu schwierig ist, verständigt man sich auf kostspielige Berichts- und Kartierungspflichten. So schreibt das Kommissionspapier den Mitgliedstaaten vor, ein Verzeichnis verunreinigter Standorte zu führen. Um an die Bodeninformationen zu gelangen, sieht Artikel 11 des Vorschlags für bestimmte Standorte ein starres Messprogramm vor: Ohne konkreten Gefahrenverdacht sollen die nationalen Behörden Messungen durchführen. Dadurch wird ein Generalverdacht gegen eine Vielzahl industrieller (z. B. Automobilhersteller und Hersteller von Solarzellen, Rapsöl, Windanlagen sowie Elektroindustrie) und handwerklicher (z. B. Oberflächentechniker, Fleischer, Bäcker) Tätigkeiten erzeugt. Die verursachten Verfahrenskosten stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen, zumal Deutschland seine Altlastenkartierung weitgehend erledigt hat. Hier droht eine Neu- und Doppelerfassung ohne ökologischen Ertrag.
Bei der Informationsgewinnung für den Katasteraufbau verlässt sich die Kommission aber nicht nur auf das genannte Messprogramm. Artikel zwölf schreibt einen Bodenzustandsbericht vor, den Käufer bzw. Verkäufer vorlegen müssen, sobald ein gewerblich genutztes, bereits umweltgeprüftes Gelände verkauft wird. Umweltprüfungen werden einigen Gewerben abverlangt, bevor die Tätigkeit aufgenommen werden darf. Nach Aufnahme der Tätigkeit finden dann die geltenden Sicherheitsvorschriften Anwendung. Die EU-Regelung wäre also eine unnütze Doppelung auf Kosten der Wirtschaft. Zudem widerspricht die Verpflichtung zur Vorlage eines Zustandsberichts dem deutschen Recht. Aus einem nach dem Zivilrecht geregelten bilateralen Vertragsverhältnis würde durch das EU-Gesetz plötzlich eine aufwändig zu administrierende "menage aì trois" - zwischen Käufer, Verkäufer und Behörde.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) haben sich gemeinsam mit anderen Wirtschafts- und Kommunalverbänden an die politischen Entscheidungsträger gewandt, um dieses insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen sehr belastende Gesetzesvorhaben zu stoppen.