Hiroshi Kawano. Der Philosoph am Computer
Eine Ausstellung im ZKM | Medienmuseum, Projektraum
Ausstellungseröffnung Freitag, 23. September 2011, 18 Uhr, ZKM_Foyer
Die Computerkunst war von Beginn an ein Feld, das Fragen nach der Urheberschaft sowie der Originalität aufkommen ließ. Damit irritierte es nicht selten das klassische Kunstverständnis: Ist der Programmierer ein Künstler? Oder muss gar der Computer selbst Künstler genannt werden? Welcher Logik folgt die künstlerische Schöpfung in der computergenerierten Kunst? Dass die Computertechnologie und die mit ihr verbundenen wissenschaftlichen Modelle dazu anregte, Grundlagen der Ästhetik zu hinterfragen, erkannte der Japaner Hiroshi Kawano bereits Anfang der 1960er Jahre. Er war weder ein Künstler, der den Computer als neues Produktionsmittel und Thema entdeckte, noch ein Ingenieur, der über die neue Maschine zur Kunst fand. Kawano ist ein Philosoph, der den Schreibtisch verließ, um im Rechenzentrum theoretische Modelle zur Logik künstlerischer Produktion experimentell zu erproben. Das ZKM widmet ihm nun seine erste Retrospektive.
Der japanische Philosoph Hiroshi Kawano (* 1925) zählt zu den weltweit wichtigsten Pionieren, die begannen die Computertechnologie für die Künste zu erobern. Die Ausstellung im ZKM | Medienmuseum umfasst zahlreiche Werke und Dokumente, die noch nie außerhalb Japans präsentiert wurden. Sie schöpft aus der Fülle des Hiroshi-Kawano-Archives, das sich seit Anfang 2010 am ZKM befindet. Die Retrospektive betont die Sonderrolle Kawanos im Kreis der Pioniere der Computerkunst.
Bereits im September 1964 publizierte Kawano in dem japanischen Fachjournal IBM Review die ersten computergenierten Werke – „Designs“, die er mit Hilfe eines OKITAC 5090A-Computers an der Universität Tokyo errechnet hatte.
Der junge Philosoph, der zu diesem Zeitpunkt Ästhetik am Metropolitan College of Air Technology unterrichtete, war über die Auseinandersetzung mit Neo-Kantianismus, Symbolismus, Semiotik und schließlich der Informationstheorie zur Informationsverarbeitenden Maschine, dem Computer, gelangt. Mithilfe dieser Technologie realisierte er computergenerierte Formen für unterschiedliche künstlerische Gattungen: für Bilder, Lyrik, Skulpturen und Musik.
Kawanos Entschluss, sein Archiv dem ZKM zu schenken, lag nicht zuletzt darin begründet, dass es der deutsche Technikphilosoph Max Bense war, der ihm die entscheidenden Impulse gab, Ästhetik und Computertechnik zusammenzuführen.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation in deutscher und englischer Sprache, mit Beiträgen von Hiroshi Kawano, Yoshiyuki Abe, Jungkwon Chin, Simone Gristwood, Akemi Ishijima, Jungyeon Ma und Margit Rosen.
Kuratorin: Margit Rosen
Biografie: Hiroshi Kawano [* 1925, Fushun, China]
Kawano studierte Philosophie und Wissenschaftsphilosophie an der Universität von Tokyo. Bereits 1935 war der Sohn japanischer Eltern aus China nach Japan zurückgekehrt. Ab 1955, nachdem er als Assistenzprofessor an der Fakultät für Literatur der Universität Tokyo tätig war, unterrichtete er an unterschiedlichen Universitäten, u. a. University of Tokyo, Tokyo Metropolitan College of Air Technology, Tokyo Metropolitan College of Technology, Tokyo Metropolitan Institute of Technology, Nagano University, Tohoku University of Art and Design, Tama Art University und Nihon University. Sein Interesse an Semiotik führte ihn Anfang der 1960er Jahre zu den Schriften von Max Bense und der Informationsästhetik. Im September 1964 veröffentlichte er erste computergenerierte Bilder. Es folgten Experimente mit computergenerierter Literatur und, in den 1970er Jahren, mit computergenerierter Musik.
Weitere Informationen: http://on1.zkm.de/...