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Wolfgang von Kempelen. Mensch-[in der]-Maschine.

(lifePR) (Karlsruhe, )
Das beseelte Bildnis und die selbstbewegte, intelligente Maschine sind zu allen Zeiten Faszinosum und Schreckensvision zugleich gewesen. Nur durch Götterkraft kann Pygmalion vom Liebeskummer zur von ihm erschaffenen Galatea erlöst werden. Der vom Menschen aus Lehm geformte hilfreiche, aber übermächtig gewordene Golem bricht über seinem Schöpfer zusammen und begräbt diesen unter sich. Die singende und tanzende Automate Olimpia in E.T.A. Hoffmanns Erzählungen stürzt ihren Verehrer ins Verderben. Schließlich offenbaren auch die modernen Technikvisionen diesen gleichen Zwiespalt, von den dem Fließband unterworfenen Arbeitern in Chaplins Moderne Zeiten (USA 1936) bis zur allumfassenden Matrix (USA 1999), die den Menschen als billige Energiequelle nutzt und ihm dabei seine schöne neue Welt nur noch als virtuelle Sinnestäuschung vorgaukelt.

Auch die spielerisch-mechanischen Erfindungen, Automaten und Pseudomaschinen des 18. Jahrhunderts entzückten und irritierten ihr höfisches Publikum und später jenes der Jahrmärkte und Museen. Seit mehr als zweihundert Jahren gab es aber unter ihnen keine einzige, die in wissenschaftlichen und privaten Kreisen derart große Bewunderung und gleichzeitig soviel Zweifel ausgelöst hat, wie der Schachautomat des Wolfgang von Kempelen (1734–1804). Wunderwerk von technikhistorischer Bedeutung und Inspirationsquelle utopischer Gedanken, ist sein Schachtürke, mit dem Kempelen 1784 auch das Karlsruher Fürstenhaus hinters Licht geführt hat, zugleich Ohrfeige und Parodie. Das erst erstaunlich spät aufgedeckte Geheimnis des in seinem Inneren verborgenen Menschen entlarvte die nur scheinbar über künstliche Intelligenz verfügende Maschine und deckte die blinde Fortschrittsgläubigkeit eines ganzen Zeitalters auf.

Einem frühen Versuch der Schaffung einer intelligenten Maschine entspricht auch die von Kempelen entwickelte Sprechmaschine, die bereits 2004 in der ZKM-Ausstellung »Phonorama. Eine Kulturgeschichte der Stimme als Medium« zu sehen war. Als Meilenstein in der Erforschung des menschlichen Sprechens gehört diese Apparatur ebenfalls zu den wissenschaftlichen Spitzenleistungen ihrer Zeit.

Die in Zusammenarbeit der Budapester C3 Stiftung und des ZKM | Karlsruhe produzierte Ausstellung erweitert das Bild des Wissenschaftlers, Ingenieurs, Künstlers, Schaustellers, Beamten und der Privatperson Wolfgang von Kempelen auf die mechanischen Erfindungen seiner Epoche, die Zeit der Erfindung der Erfindung. Dabei analysiert die Ausstellung jene Gedanken und Vorstellungen, die die Maschinen Wolfgang von Kempelens auslösten sowie deren Rezeption durch die Nachwelt. Sie begleitet die Entstehung der verschiedenen Varianten des Schachautomaten über zweieinhalb Jahrhunderte, von den mechanischen, humanoiden Automaten bis zu den Robotern, Körperprothesen und Hochleistungsrechnern unserer Gegenwart.

Die Ausstellung im ZKM legt den Akzent auf die aktuellen, künstlerischen Bearbeitungen der durch die von Apparaturen Wolfgang von Kempelens hergestellten Vorstellungswelten. Die hochbrisante Mensch-[in der]- Maschine-Thematik findet sich in den Werken zahlreicher Künstler der Gegenwart, die somit zum Verständnis der heutigen Welt und der uns betreffenden Fragen beitragen. Gegenüber den marktschreierischen Ankündigungen einer künftig den Menschen durch die Maschine ersetzenden »künstlichen Intelligenz« stellt sich gerade heute die Frage, ob die Vorstellung einer intelligenten Maschine nicht in sich selbst ein Widerspruch ist. Wenn, wie im Schachtürken Wolfgang von Kempelens, in jeder Maschine direkt oder indirekt immer der Mensch steckt, so müsste dieser auch die von ihm selbst in Gang gesetzte globale Maschinerie sinnvoll steuern und deren Übermächtigkeit Einhalt gebieten können.

Beteiligte Künstler/innen (Auswahl):

Ralf Baecker, Attila Csörgö, Péter Forgács, Ken Feingold, Herbert Kitzel, Severin Hoffmann und David Moises, György Jovánovics, Gergely László und Péter Rákosi, Jürg Lehni und Stephan Krass, M&M, János Major, Katrin von Maltzahn, Daria Martin, Gyula Pauer, Simon Penny, Martin Riches, Robotlab, Zoltán Szegedy-Maszák mit Róbert Langh und Márton Fernezelyi, Tamás Waliczky, Georg Winter und Michael Markert.

Kurator der Ausstellung im ZKM: Bernhard Serexhe. Kuratorische Assistenz im ZKM: Barbara Kirschner.

Kuratoren der Ausstellung in der Kunsthalle Budapest (24.03. – 28.05.2007): József Mélyi / Rita Kálmán.

Aktuelle Informationen zum Begleitprogramm finden Sie unter www.zkm.de

Führungen: So, 13 Uhr
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