NORA oder EIN PUPPENHAUS
Inszenierung: Birgit Schreyer Duarte
Mit NORA nehmen wir in dieser Saison ein Stück in unseren Spielplan auf, das man selbstverständlich als auch heute immer noch notwendiges Plädoyer für den Feminismus lesen kann. Denn sicher: Ibsen war Mitglied im norwegischen „Verein für die Sache der Frau“, war sowohl familiär als auch freundschaftlich maßgeblichen zeitgenössischen Protagonistinnen der Frauenbewegung verbunden.
Dennoch lehnte der Dramatiker die Ehre ab, „… mit Bewusstsein für die Sache der Frau gewirkt zu haben. Ich bin mir nicht einmal klar darüber, was die Sache der Frau eigentlich ist. Mir hat sie sich als eine Sache des Menschen dargestellt. (…) Es ist wohl wünschenswert, die Frauenfrage zu lösen, so nebenher. Aber das war nicht der hauptsächliche Zweck. Meine Aufgabe ist die Menschenschilderung gewesen.“
Es geht also um mehr – und das ist es, was den Stoff für uns so spannend und wichtig macht. Nora, das Püppchen in einer lieblosen Ehe, Nora, die am Ende gegen alle Konventionen aufbegehren wird, ist schließlich keineswegs passives Opfer gesellschaftlicher Umstände. Vielmehr nutzt sie die ihr zufallende Rolle als verwöhntes, verspieltes Weibchen zunächst selbst sehr aktiv und festigt mit ihrem Verhalten den transaktionalen Charakter ihrer Beziehung. So bittet sie ihren Mann nicht um einen Gefallen nur um des Gefallens willen, sondern schlägt ein Geschäft vor. Die Tauschware ist in diesem Fall Nora selbst, ihre eigene Willfährigkeit: „Das Eichhörnchen würde umherspringen und Kapriolen machen, wenn Du lieb und nachgiebig wärest. Die Lerche würde laut und leise durch alle Zimmer zwitschern. Ich würde wie die Elfen im Mondenschein spielen und vor Dir tanzen, Torvald.“
Erst in Noras Entwicklung kommt es zu Reflexion, Widerstand und Rebellion: Sich selbst zu erkennen und radikal in Frage zu stellen, das eigene Selbstverständnis neu zu konfigurieren – das sind grundlegende Voraussetzungen, bevor es gelingen kann, unerträglichen gesellschaftlichen Strukturen ihre normative Kraft abzuerkennen, das Mitlaufen zu verweigern. Gestern wie heute.