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Festhalten an Treitschkestraße ein Trauerspiel

ASF und Patmos-Kirchengemeinde wollen Bemühungen zur Umbenennung der Straße in Berlin-Steglitz in Kurt-Scharf-Straße fortsetzen

(lifePR) (Berlin, )
Mit Bedauern reagierten die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) und die Evangelische Patmos-Kirchengemeinde auf den gestrigen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf (BVV), vorerst am Namen der nach dem antisemitischen Historiker Heinrich von Treitschke benannten Straße im Berliner Stadtteil Steglitz festzuhalten. Nach der Ablehnung der Umbenennung in Maria-Rimkus-Straße durch die BVV wollen ASF und die Patmos-Gemeinde ihre Bemühungen zur Umbenennung der Treitschkestraße in Kurt-Scharf-Straße fortsetzen.

„Es ist schwer nachvollziehbar, dass sich die CDU-Fraktion in der BVV trotz der jahrelangen Debatten über die verheerende Rolle Treitschkes bei der Verbreitung des Antisemitismus in bürgerlichen Kreisen am Ende des 19. Jahrhunderts bisher nicht zu einer Namensänderung durchringen kann,“ sagte ASF-Geschäftsführer Dr. Christian Staffa heute in Berlin. In die seit Jahren festgefahrene Debatte um die Treitschkestraße war in den letzten Monaten Bewegung gekommen, nachdem die FDP-Fraktion in der BVV ihren langjährigen Widerstand gegen die Umbenennung aufgegeben hatte. Es sei zu hoffen, so Staffa, dass die geplante Dokumentation der Rolle Treitschkes im Berliner Antisemitismusstreit zum Umdenken im Bezirk beitrage.

ASF und die Patmosgemeinde setzen sich seit Jahren für die Straßenumbenennung ein. In einem von ASF initiierten Offenen Brief an Senat, Abgeordnetenhaus und BVV hatten sich im Oktober 2002 Prominente, darunter Hanna Renate Laurien und Rita Süssmuth, für die Umbenennung der Treitschkestraße in Kurt-Scharf-Straße ausgesprochen. Außerdem war die Umbenennung in einer Resolution von über 3000 TeilnehmerInnen des Ökumenischen Kirchentages 2003 in Berlin unterstützt worden.

„Mit der Benennung nach Kurt Scharf soll das Wirken eines Mannes geehrt werden, der sich als Person und in seinem Amt als Bischof und EKD-Ratsvorsitzender in besonderer Weise für eine solidarische und demokratische Gesellschaft sowie für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt eingesetzt hat“, sagte Christian Staffa. Während der NS-Zeit leistete Kurt Scharf als Mitglied der Bekennenden Kirche Widerstand gegen das Naziregime, besuchte als Pfarrer in Sachsenhausen Menschen, die im dortigen Konzentrationslager inhaftiert waren, und wurde selbst mehrmals von den Nationalsozialisten festgenommen.

Nach dem Mauerbau 1961 hielt Kurt Scharf an der Zusammengehörigkeit der geteilten Kirche und des geteilten Landes fest und wurde gegen seinen Willen aus der DDR ausgewiesen. Scharf war Bischof im Westteil der Ev. Kirche in Berlin-Brandenburg und Vorsitzender des Rates der Ev. Kirche in Deutschland (EKD). In dieser Funktion verantwortete er die Ost-Denkschrift der EKD, mit der die Versöhnung mit Polen vorangetrieben wurde. Während der Studentenbewegung vermittelte er zwischen Staat und Studenten. 1982 setzte er sich als ASF-Vorsitzender in einer Rede vor der UN-Sondervollversammlung zur Abrüstung für die weltweite Ächtung sämtlicher Atomwaffen ein. Von 1963 bis zu seinem Tod im Jahr 1990 predigte Kurt Scharf einmal pro Monat in der an der Treitschkestraße gelegenen Patmos-Gemeinde.
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