Das Nervengift Botulinumtoxin ist vor allem bekannt für seine Anwendung im kosmetischen Bereich, um etwa Falten im Gesicht zu glätten. Es wird aber auch für medizinische Zwecke eingesetzt, z. B. gegen Lidzuckungen oder Schiefhals. Unabhängig von der Anwendung wird jede einzelne Produktionseinheit getestet, bevor sie in den Verkauf gehen darf. Üblicherweise geschieht dies durch den sogenannten LD50-Test an Mäusen. Dabei wird Gruppen der Nager die Substanz in verschiedenen Verdünnungen in die Bauchhöhle gespritzt, um festzustellen, bei welcher Dosis die Hälfte stirbt (LD50 = letale Dosis 50 Prozent). Das Toxin verursacht Atemlähmungen, wodurch es zu einem stundenlangen Todeskampf durch Ersticken kommen kann.
Der Test ist im Europäischen Arzneibuch festgeschrieben, allerdings erlaubt das Regelwerk auch die Nutzung tierversuchsfreier Verfahren. Die drei wichtigsten Hersteller Allergan, Merz und Ipsen haben seit 2011 behördliche Anerkennungen für selbst entwickelte tierversuchsfreie Tests bekommen und verzichten so zumindest zum großen Teil auf die Tiertests. Dennoch müssen immer noch Zigtausende Mäuse allein in Europa für Botox-Produkte leiden und sterben. 2021 wurden in Deutschland Botox-Tests an 22.440 Mäuse genehmigt. In Irland, als dem Schwerpunkt der Botox-Testungen, waren es 2020 über 100.000 Mäuse.
Die Europäische Koalition zur Beendigung von Tierversuchen (ECEAE), bei dem auch der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche aktives Mitglied ist, führt seit 2009 eine europaweite Kampagne gegen die grausamen Tests und hat mit der Umstellung der größten Hersteller einige Erfolge zu verbuchen. Der Verband fordert die Streichung des LD50-Tests aus dem Europäischen Arzneibuch. Die dafür zuständige Behörde Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln EDQM hatte den Tierschützern die Annahme der gesammelten Unterschriften verweigert.
Heute traf sich eine dreiköpfige Delegation der ECEAE mit Vertretern der EMA in Amsterdam und überreichte die mehr als 165.000 Unterstützungsbekundungen. Die EMA arbeitet mit der EDQM in vielerlei Hinsicht zusammen und soll ihren Einfluss geltend machen, damit der Botox-Test an Mäusen aus dem Regelwerk gestrichen wird.
„Die vierköpfige Delegation der EMA war unserem Anliegen aufgeschlossen gegenüber und kündigte an, sich der Problematik zeitnah anzunehmen“, resümiert Dr. Corina Gericke.