Aus zahlreichen Studien ist bereits bekannt, dass der Experimentator wie u.a. dessen Geschlecht, Einfluss auf die Versuchsergebnisse haben kann. Forscher aus Münster, Oldenburg und Bern in der Schweiz haben nun diesen Einfluss untersucht. Hierfür wurden an den drei Standorten an mindestens 288 Mäusen Verhaltensversuche, wie der Open-Field-Test zur Untersuchung des Angstverhaltens, durchgeführt. Eine Maus wird als ängstlich eingestuft, wenn sie sich vorwiegend im geschützten, dunklen Bereich eines Versuchsfelds aufhält und als mutig, wenn sie die offenen, hellen Bereiche betritt.
Hierbei wurde verglichen, ob ein Versuch unter standardisierten Bedingungen mit nur einem Experimentator sich in der Reproduzierbarkeit, also Wiederholbarkeit der Ergebnisse, von einem Versuchsaufbau unterscheidet, der von mehreren Experimentatoren durchgeführt wird.
Es zeigt sich, dass zwischen den drei Standorten einige Ergebnisse nicht reproduzierbar waren. Überraschung äußern die Autoren vor allem darüber, dass zu 41 bis 72 % nicht erklärbare Unterschiede zwischen den einzelnen Mäusen für die große Varianz der Ergebnisse verantwortlich sind. Die Erkenntnis der Autoren ist, dass die biologischen Variationen eine große Rolle bei Tierversuchen spielen. Sie räumen ein, dass bei Tierversuchen außer Acht gelassen wird, dass ein lebender Organismus auf seine Umgebung reagiert, was ein Grund für die mangelnde Reproduzierbarkeit sein kann.
Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche zeigt sich entsetzt, dass für solche Binsenweisheiten Tiere leiden und sterben mussten. „Ein Tier ist nun einmal keine Maschine, sondern ein Individuum mit eigenen Bedürfnissen, Vorlieben und Gefühlen,“ kritisiert Dipl.-Biol. Silke Strittmatter von Ärzte gegen Tierversuche. Dieses Wissen ist natürlich schon lange bekannt, was es umso fragwürdiger macht, warum hier eigens ein Tierversuch konstruiert wurde, in dem zahlreiche Mäuse leiden mussten. Der Tierversuch als systemimmanente Störung wird in dieser Studie gar nicht in Frage gestellt.
Einmal mehr wird deutlich, dass selbst Ergebnisse aus Versuchen innerhalb einer Spezies nicht reproduzierbar sind und damit ebenso wenig eine Aussagekraft für den Menschen haben können. Anstatt per se unzuverlässige Tierversuche optimieren zu wollen, sei es sinnvoll, humanbasierte Modelle zu nutzen, die reproduzierbar sind und zudem relevante Ergebnisse liefern.
Originalstudie
Vanessa Tabea von Kortzfleisch, Oliver Ambrée, Natasha A. Karp, Neele Meyer, Janja Novak, Rupert Palme, Marianna Rosso, Chadi Touma, Hanno Würbel, Sylvia Kaiser, Norbert Sachser und S. Helene Richter: Do multiple experimenters improve the reproducibility of animal studies? PLOS Biology 2022; 20(5): e3001564
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Zusammenfassung: Mangelhafte Reproduzierbarkeit von Tierversuchsergebnissen im Tierversuch bestätigt >>