Die Bremer Gesundheitsbehörde hat aktuell den Verlängerungsantrag für die Affenhirnforschung von Andreas Kreiter genehmigt. Der Ärzteverein sieht zwar die schwierige Lage der Behörde, die Versuche abzulehnen. Denn erst Anfang des Jahres hatte das Verwaltungsgericht Bremen im Wege der einstweiligen Anordnung die Fortführung der Affenhirnversuche bis zum 30.11.2022 genehmigt. Dennoch meint der Verein, dass bereits im Vorfeld mit der frühzeitigen Vorlage von Expertengutachten die Genehmigungsfähigkeit der Versuche auch im Falle eines Rechtsstreits widerlegt hätte werden können.
Bereits seit 1997 finden in der Arbeitsgruppe von Andreas Kreiter an der Bremer Universität nach dem gleichen Muster Versuche am Gehirn von Affen statt. Schon die tägliche Standardprozedur ist nach Ansicht von ÄgT lebensverachtend, quälerisch und unwissenschaftlich. Die Tiere werden durch Entzug lebensnotwendiger Flüssigkeit gezwungen, Aufgaben am Bildschirm zu lösen, während ihr Kopf an einem zuvor mit Schrauben fixierten Haltebolzen bewegungslos fixiert wird. Durch eine Elektrodenkammer, die über einem Bohrloch im Schädelknochen befestigt ist, werden Elektroden in das Gehirn eingeschoben, um die Aktivität von Nervenzellen zu messen.
Kürzlich durch ÄgT in die Öffentlichkeit gebrachte amtliche Sektionsergebnisse von untersuchten Affen des Tübinger Max-Planck-Instituts, die von den zuständigen Behörden in Baden-Württemberg 13 Jahre lang unter Verschluss gehalten worden waren, dokumentieren schwerstes Leid solcher Versuche, unter anderem infolge zahlreicher Bohrlöcher im Schädel und von Stichverletzungen durchsetzten Gehirnen.
Ein medizinisch-wissenschaftlicher Nutzen solcher Versuche, die als reine Grundlagenforschung betrieben werden, bleibt auch nach rund 25 Jahren ohne Nachweis, während das Leid für die Tiere, die in vergleichbaren Hirnexperimenten eingesetzt werden, einschlägig dokumentiert ist.
„Angesichts neuer Erkenntnisse hinsichtlich der Schwere des Leids und verfügbarer Hightech-Methoden zur Erforschung des menschlichen Gehirns ist nicht nachvollziehbar, dass in Deutschland noch an 8 Instituten Affenhirnforschung stattfindet“, erläutert Dipl.-Biol. Silke Strittmatter von Ärzte gegen Tierversuche.
Selbst nach dem alten Tierschutzgesetz, wonach Kreiter für seine Versuche eine Art Bestandsschutz genießt, sind die Affenhirnversuche nach Ansicht von ÄgT nicht genehmigungsfähig. Auch vor dem Hintergrund der durch die EU erzwungenen Korrektur des Tierschutzgesetzes, das eine Abwägung zwischen ethischer Vertretbarkeit und hervorragender Bedeutung der Versuche verlangt, wäre eine Ablehnung des Verlängerungsantrags folgerichtig gewesen, da das Leid der Tiere höher wiegt als der seit Jahrzehnten schwammig postulierte Nutzen. Die Tatsache, dass Deutschland die EU-Vorgaben nicht korrekt umgesetzt hat, sollte Behörden und Gerichte nicht daran hindern, das Tierschutzgesetz entsprechend der EU-Richtlinie auszulegen. ÄgT und die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) haben mehrfach auf die zahlreichen Umsetzungsdefizite zu Lasten des Tierschutzes hingewiesen.
Der Ärzteverein ist davon überzeugt, dass es keine Genehmigungsfähigkeit für die Affenhirnforschung gibt und hat dies in einer ausführlichen Stellungnahme dargelegt. Für den im nächsten Jahr anstehenden Neuantrag der Bremer Uni appelliert der Verein an die Gesundheitsbehörde, rechtzeitig die Weiterführung der Experimente abzulehnen und dies mit dem vorhandenen Expertenwissen zu begründen.
Eine Historie über die Affenhirnforschung in Bremen ist auf der Internetseite des Vereins verfügbar. Mit Plakataktionen hatte der Verein diese Versuche in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. ÄgT wird in Kooperation mit der DJGT weiterhin auf die Unterbindung der Fortführung der Affenhirnforschung in Bremen hinwirken. Aktuell bietet der Verein für Unterstützer die Möglichkeit, eine Petition mit der Forderung nach einem Ende der Primatenhirnforschung zu unterzeichnen.
Weitere Information
Hirnforschung an Affen in Bremen >>
Petition „Stoppt Hirnforschung an Affen!“ >>
ZDF-Sendung „Frontal“ vom 25.10.2022 >>
Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. >>