Erstmals verleiht der Verein Ärzte gegen Tierversuche (ÄgT) den Jara-Courage-Preis. Preisträgerin ist Dr. Christine Süß-Dombrowski, die ÄgT für ihren Mut auszeichnen möchte, den sie aufgebracht hat, um über die Sektionsergebnisse und das darin dokumentierte schwerste Leid der Affen in der Hirnforschung auch öffentlich zu sprechen. In Gesprächen mit den zuständigen Behörden ist sie eigenen Aussagen zufolge nicht weitergekommen und auch eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Tübingen wurde trotz der handfesten Beweise mit lapidarer Begründung eingestellt.
Hintergrund ist, dass das Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) 2009 insgesamt sechs Rhesusaffen aus Versuchen mit Neuroimplantaten des MPI Tübingen erhielt, um die Todesursache festzustellen. Dr. Süß-Dombrowski war die seinerzeit für den Fall des Affen Jara federführende Fachtierärztin für Pathologie. Sie stellte unter anderem rund 20 Bohrlöcher im Schädelknochen, dazu die korrespondierenden Stichverletzungen im Gehirn mit dazugehörigen Entzündungsherden fest, die zu schwersten Schmerzen führen. Des Weiteren dokumentierte sie die beiden durchtrennten und dadurch lahmgelegten Kaumuskeln.
Den Affen Jara wollten die Experimentatoren lediglich „in eine mehrmonatige Urlaubs- und Regenerationsphase“ schicken. Die Sektion ergab als Todesursache: „chronisch schweres Schädel-Hirntrauma, neurogener Schock unter anzunehmenden schwersten Schmerzen“.
Alle zuständigen Behörden hielten 13 Jahre lang den Sektionsbericht unter Verschluss, bis ÄgT im Sommer 2022 Kenntnis davon erlangte und den „Fall Jara“ öffentlich machte. Mit der Ausstrahlung in der ZDF-Sendung Frontal am 25. Oktober 2022 wurde der Skandal in ganz Deutschland und darüber hinaus bekannt.
An Aktualität hat das dokumentierte schwerste Affenleid nach Ansicht von ÄgT bis heute nichts verloren. Der Sektionsbericht stammt zwar aus dem Jahr 2009, allerdings finden in Deutschland an acht Einrichtungen Affenhirnversuche nach dem gleichen Standardprozedere statt, davon an drei Tübinger Instituten.
In der Antwort des MPI auf den veterinärpathologischen Befund wird im Prinzip bestätigt, dass die Verletzungen unvermeidbarer Standard sind. So heißt es darin, dass die „multiplen Perforationen“ in der knöchernen Schädeldecke von den Schrauben der entfernten Implantate kommen. Dieser Umstand wird als „unvermeidliche Folge der Implantattechnik“ bezeichnet.
Der Verein wird weiterhin darauf drängen, dass die Affenhirnforschung ein Ende hat und setzt mit dem Jara-Courage-Preis ein weiteres Zeichen. ÄgT dankt Frau Dr. Süß-Dombrowski aufs Herzlichste für ihren großen Mut und die Bereitschaft, diese Missstände mit ihrer Expertise öffentlich zu erläutern und somit die Protagonisten, die all die Jahre die amtlichen Untersuchungsergebnisse ignoriert haben, damit zu konfrontieren.
Das von dem Mut der Preisträgerin inspirierte neu geschaffene Preisformat des Ärztevereins soll in Zukunft unregelmäßig an Menschen verliehen werden, die sich besonders couragiert für die Öffentlichmachung von Missständen im Bereich Tierversuche und/oder gegen Tierversuche einsetzen.
Preisverleihung und Fototermin
Zeit/Ort: 12 Uhr, Gutenbergstraße 77A, 70197 Stuttgart
Der Raum „Green Space“ befindet sich im 1. OG des Gebäudes. Eingang im Innenhof, linke Seite, rote Tür unter dem Balkon. Vom Eingang zum Büro im 1. OG durch den Raum gehen, der „Green Space“ befindet sich rechterhand.
Mit Worten von Dipl.-Biol. Silke Strittmatter, Koordinatorin Politik & Recht und Leiterin der Jara-Kampagne, Dr. Andreas Ganz, Vorsitzender ÄgT sowie der Preisträgerin Dr. Christine Süß-Dombrowski
Weitere Information
Die Realität hinter der Affenhirnforschung >>
(inklusive Links zur ZDF-Frontal-Sendung und Film von Manfred Karremann)