Langschwanzmakaken (Macaca fascicularis), auch Javaneraffen genannt, sind die am häufigsten im Tierversuch eingesetzte Affenart. In Deutschland wurden laut offizieller Statistik 1.886 Affen in Tierversuchen verwendet, davon 1.723 Langschwanzmakaken (3). Tiere der Art werden hautsächlich im Rahmen von toxikologischen Tests verwendet – das bedeutet, dass den Tieren Substanzen verabreicht werden, um diese auf Giftigkeit zu prüfen. So werden bei Deutschlands größtem „Affenverbraucher“, der Firma Labcorp (ehemals Covance) in Münster auch schwangere Affen vergiftet, um Auswirkungen auf Substanzen auf deren ungeborenen Nachwuchs zu testen. „Die Übertragbarkeit auf den Menschen ist aufgrund der Artunterschiede dabei nicht gegeben. Obwohl seitens der durchführenden Einrichtungen behauptet, gibt es keine gesetzlichen Regelungen, die die Nutzung von Affen in den grausamen Tests vorschreiben“, weiß Dr. Melanie Seiler, Primatologin und wissenschaftliche Referentin für Politik & Recht von Ärzte gegen Tierversuche. Die Sicherheit von Medikamenten kann im Gegensatz dazu durch moderne Forschungsmethoden wie Testungen mittels der Organ-on-a-Chip-Technologie, die die Auswirkung von Stoffen an menschlichen Zellen abbilden können, auf eine für Menschen sichere Weise getestet werden (4).
Zwar werden in Mauritius, China, Kambodscha und anderen Ländern Langschwanzmakaken auch gezüchtet, diese decken aber bei weitem nicht den Verschleiß der Labore. Nach EU-Recht dürfen seit 2022 nur noch F2-Generationen, das heißt die Enkel von Tieren aus freier Wildbahn, im Tierversuch verwendet werden. Praktisch zu überprüfen ist das bei den Importen jedoch kaum. In den letzten Jahren wurde durch investigative Recherchen mehrfach massive Wilderei an der Affenart dokumentiert (2,5). Da pro Tier mittlerweile Preise bis zu 35.000 US-Dollar aufgerufen werden, stellt dies ein lukratives Geschäft dar (6). Tausende Tiere wurden nachweislich sowohl in ihrem natürlichen Lebensraum in Asien als auch auf Mauritius aus freier Wildbahn gefangen, um entweder als Zuchttiere in dortigen Zuchtanlagen zu dienen, oder direkt an Tierversuchseinrichtungen weltweit geliefert zu werden.
„Dass von Teilen der Forschungsgemeinschaft ernsthaft von der IUCN gefordert wird, die objektive Einstufung der Makakenart als vom Aussterben bedroht zurückzunehmen, um weiterhin Versuche an ihnen durchführen zu können, macht fassungslos. Anstatt dies endlich als Anlass zu nehmen, auf bereits bestehende tierversuchsfreie und humanrelevante Möglichkeiten zurückzugreifen und diese weiter zu entwickeln, wird hier das Überleben der ganzen Art in Kauf genommen“, kommentiert Dr. Seiler die Beschwerde der Tierexperimentatoren an die IUCN.
„Wie soll nach Aussterben der Art weiter geforscht werden? Wird dann auf die nächste Affenart zurückgegriffen, bis auch diese im Bestand gefährdet ist? Wir fordern eindringlich ein rapides Umdenken der Forscher und rufen diese dazu auf, ihrer Verantwortung gewahr zu werden. Es kann nicht sein, dass bei den bereits bestehenden hervorragenden tierversuchsfreien, humanrelevanten Methoden immer noch auf ein veraltetes System gesetzt wird und dafür das Aussterben einer Tierart forciert wird“, so Seiler.
Quellen
- Hansen M.F. et al. Macaca fascicularis (amended version of 2022 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species [abgerufen am 15.09.2023]
- Oelrich C. et al. Forscher befürchten, dass ihnen bald die Affen ausgehen. Die Welt. 09.09.2023
- Ärzte gegen Tierversuche. „Alternativen“ zu Tierversuchen
- Bundesinstitut für Risikoforschung: Verwendung von Versuchstieren im Jahr 2021
- Southeastasiaglobe: Cambodia’s monkey farms corruption taints wildlife trait. 04/2023 [abgerufen am 05.08.2023]
- Capital: Laboraffen aus China werden knapp. 16.10.2022 [abgerufen am 05.08.2023]