In einer aufsehenerregenden Operation wurde im Januar in den USA dem unheilbar herzkranken Patienten ein genetisch verändertes Schweineherz transplantiert. Ärzte gegen Tierversuche kritisiert berechtigt die Xenotransplantationen, da seit Jahrzehnten Schweineorgane in Affen transplantiert werden, die qualvoll versterben – manchmal nach Stunden, manchmal nach einigen Tagen. Zudem warnt der Ärzteverein vor unkalkulierbaren Risiken für Menschen. Selbst eine Transplantation von Mensch zu Mensch ist nicht unproblematisch: Die Abstoßungsreaktionen sind die kritischsten, weshalb jede Transplantation, neben verschiedenen anderen Einschränkungen, die lebenslange Einnahme von starken Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, nach sich zieht. Im Falle einer Transplantation von Organen einer fremden Spezies kommen weitere Faktoren erschwerend hinzu, sowohl bekannte als auch unbekannte. Ein wichtiger sind tierspezifische Pathogene - vor allem Viren, die sich in dem Erbgut des „Wirtstieres“ verbergen und deren Auswirkungen auf den menschlichen Körper (potenziell) gefährlich sind.
Genau diese Viren scheinen nun der Hauptgrund zu sein, weshalb sich Anfang März der Zustand des Patienten verschlechterte, was schließlich, ca. 2 Monate nach der Xenotransplantation, mit dem Tod endete. Diese und andere Viren sollten den Medienberichten zufolge eigentlich ausgeschlossen werden, da das Schwein, welches für die Herzentnahme gezüchtet wurde, insgesamt 10 Genveränderungen trug, so dass kritische Gene ausgeschaltet wurden. Dass das offensichtlich nicht verlässlich funktioniert, zeigt sich hier darin, dass das Porcine Cytomegalievirus, welches bei Schweinen milde Krankheitssymptome auslöst, im Patienten wahrscheinlich eine Infektion hervorrief, in dessen Folge es zu einer Überreaktion des Immunsystems kam. Der Patient wurde zwar auf eine Vielzahl von Viren, u.a. auch auf dieses Virus, getestet, es wurden aber lange nur sehr geringe Mengen gefunden. Fazit der beteiligten Ärzte u.a.: bessere Testung der „Organspendeschweine“ und ob es sinnvoll war, humane Antikörper zu geben.
„Mehr Testungen, mehr Genmodifikationen und andere Antikörper sind aber nicht die Lösung des Problems.“, so Diplom-Biologin Julia Radzwill, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Schwein und Mensch unterscheiden sich in vielen Punkten wie aufrechte Körperhaltung, einem ganz anderen Cholesterinwert und anderem Hormonsystem – und in vielen weiteren Dingen, von denen wir vielleicht noch gar nicht wissen. Das alles macht eine solche Art der Organübertragung zu einem unkalkulierbaren Risiko.“ Selbst wenn bestimmte tierische Viren als ungefährlich gelten, besteht immer die Möglichkeit, dass diese sich verändern und nicht nur den Patienten selber schädigen, sondern auch von Mensch zu Mensch übertragbar werden. „Die Problematik der Übertragung von Schweineviren auf den Wirt ist seit den 1990er Jahren bekannt, aber offensichtlich hat man dies immer noch nicht im Griff.“
Biologin Radzwill zieht als Fazit: „Anstatt Geld und Energie in diese unkalkulierbaren Szenarien zu investieren, sollte eine vernünftige Prävention von Krankheiten im Vordergrund stehen sowie die Erforschung und Weiterentwicklung von Therapien und Medikamenten mittels humanbasierter Methoden etwa mit aus menschlichen Zellen entwickelten Organchips und 3D-Biodruck.“ Angesichts des erneuten Scheiterns fordert Ärzte gegen Tierversuche einen sofortigen Stopp der auch in Deutschland an der LMU München durchgeführten Xenotransplantations-Tierversuche an Schweinen und Pavianen.
Quelle:
MIT Technology Review. „The gene-edited pig heart given to a dying patient was infected with a pig virus“, 04.05.2022
Weitere Infos
Xenotransplantation eines Schweineherzen in einen Patienten gescheitert. Ärzte gegen Tierversuche e.V., 10.03.2022 >>
Stellungnahme zu Xenotransplantation, Ärzte gegen Tierversuche e.V., 13.12.2018 >>