Kammerpräsidentin Dr. med. Martina Wenker hält die neue Initiative von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt für eine derbe Zumutung, die Ärzte zu Denunzianten mache. "Dies ist ein eklatanter Angriff auf die ärztliche Schweigepflicht, untergräbt die Arzt-Patienten-Beziehung und widerspricht den ethischen Prinzipien ärztlicher Berufsausübung."
Die niedersächsische Ärztechefin verweist zugleich auf § 52 des Sozialgesetzbuches V, der ohnehin Leistungsbeschränkungen bei Selbstverschulden vorsieht und die Krankenkassen ermächtigt, Versicherte an möglichen Folgekosten zu beteiligen (§ 52 Abs. 2: "Haben sich Versicherte eine Krankheit durch eine medizinisch nicht indizierte Maßnahme wie zum Beispiel eine ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen, hat die Krankenkasse die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen und das Krankengeld für die Dauer dieser Behandlung ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern.").
Krankenkassen, die in diesem Sinne Regresse geltend machen wollen, müssten demnach allein tätig werden und die Initiative ergreifen. "Die Ärzteschaft steht für hilfspolizeiliche Maßnahmen jedenfalls nicht zur Verfügung, wir sind nicht die IM’s der Krankenkassen", macht Dr. Wenker die Haltung ihrer Körperschaft unmissverständlich klar. Eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht könne es ohnehin nur in eng umschriebenen Fällen geben, zum Beispiel zum Schutz eines höherwertigen Rechtsguts.