Es wäre Federers 41. Sieg in Folge auf dem heiligen Rasen von Wimbledon gewesen - und sein 6. Titel in Folge bei dem wichtigsten Tennis Turnier der Welt. Doch Roger Federer, der kühle Schweizer, der auch unter Druck nie eine Miene verzieht, der die Tennisszene seit Jahren mit fehlerloser Technik dominiert, wurde von dem athletischen Rafael Nadal besiegt. Es war ein Sieg der körperlichen Fitness über spielerische Eleganz.
Es ist das Duell der Gegensätze. Hier der beherrschte Schweizer, der beim Warmspielen gerne 5-Knopf-Cardigans mit Fischgrätmuster trägt. Auf der anderen Seite Rafael Nadal, der seine Matches in Muskelshirts bestreitet und dessen Oberarme, wie englische Journalisten schreiben, wie die einer Comicfigur aussehen: Sie spielen auf Popeye an.
In Wimbledon, wo das gepflegte Tennis zuhause ist und die Spieler in weißer Tennis Kleidung antreten müssen, machte diese Woche der Lokalmatador von sich reden - mit einer Stärke demonstrierenden Geste. Der Schotte Andy Murray hatte sich nach einem Zweisatzrückstand und einem äußerst hart umkämpften dritten Satz, getragen von der ungestümen Begeisterung der von Siegen nicht eben verwöhnten Gastgeber, im Spiel gegen Richard Gasquet zurückgekämpft. Und verließ nach fünf Sätzen und einem in die britische Geschichte eingehenden Spiel den Platz als Sieger. Murray hielt am Ende seine Bizepsmuskeln in die Kameras. Eine Geste, die er wohl bereut haben dürfte. Denn im nächsten Spiel traf der umfeierte Held der Briten auf Rafael Nadal. Der Spanier gilt als einer der athletischsten Sportler im Tennis Zirkus - und hatte die gleiche Geste gezeigt, mit etwa doppelt so viel Muskelmasse.
Der Sieg des "Muscle-Man"
Der durchtrainierte Spanier, der auf Sandplätzen als nahezu unbesiegbar gilt und bereits vier Mal die French Open auf seinem Lieblingsbelag gewonnen hat, besiegte den schlanken Federer. Doch auch Federer, der Mann der Superlative, verlässt sich nicht nur auf spielerische Perfektion - sondern auch auf das Quäntchen Fitness, das den Vorteil bringen kann. Der Schweizer, der nun im fünften Jahr an der Spitze der Weltrangliste steht und bereits vier Mal zum "Weltsportler des Jahres" ernannt wurde, gilt nicht nur als "die beste Vorhand der Tennis Geschichte", er hat auch eine herausragende Beinarbeit. Erfolg kommt nicht vom Talent allein, sondern auch von perfektem Training. Während sein Kontrahent im Muskelshirt seit seiner Kindheit von seinem Onkel trainiert wird, hat der Schweizer schon mit vielen Trainern gearbeitet. Auch ein auf Konditionsübungen spezialisierten Fitness Coach hatte Einfluss auf seinen Erfolg: der frühere Leichtathlet und Fußballer Pierre Paganini feilte an der Schnelligkeit des Spielers. Denn der Fitness Experte erkannte früh die Gefahr im ungeheuren Talent seines Schützlings: Dass ihm jene spielerische Überlegenheit stets gereicht habe, um athletische Defizite zu überspielen. Und ließ den mit dem gelben Ball so virtuosen Spieler Kniebeugen, Sprinttraining und Zwölfminuten-Läufe absolvieren. Eine Schinderei, die sich ausgezahlt hat: Gerade die besondere Schnelligkeit des Schweizers hat ihm manchen Vorteil beschert.
Doch dieses Mal, nach fünf Siegen in London in Folge, hat es nicht gereicht. Das sonst so fehlerlose Spiel des Allrounders, dessen Nervenstärke legendär ist, kam an diesem windigen Sonntag in der britischen Metropole an seine Grenzen - und zum ersten Mal seit dem Jahr 2002 verließ der Schweizer den heiligen Rasen nicht als Sieger des Turniers. Nach fast fünf Stunden nutzte Rafael Nadal einen der wenigen Fehler Federers - und setzte den Schlusspunkt in einem dramatischen, denkwürdigen Finale. Die unglaubliche Fitness Nadals und vielleicht Popeyes Unterarm haben den Ausschlag gegeben.
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