Eliten haben auch eine ethisch-moralische Verantwortung
Für Professor Dr. Günter Seeber, den Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftspädagogik und Bildungsmanagement an der WHL Wissenschaftlichen Hochschule Lahr, haben Eliten insbesondere in der Wirtschaft auch eine ethisch-moralische Verantwortung. "Die derzeitige aggressive Haltung gegenüber dem wirtschaftlichen Top-Personal ist nicht nur auf Fehlleistungen im Zuge der Finanzkrise, sondern auch auf den öffentlich gezeigten Eliten-Habitus zurückzuführen." Auch die häufig zu einseitige akademische Ausbildung der Ökonomen birgt nach seiner Ansicht Gefahren für das spätere Handeln im Beruf: "Studien belegen, dass Ökonomen eine andere Vorstellung von Fairness haben. Daher sollten sich die Studierenden nicht nur mit ökonomischen Grundsätzen, sondern auch mit ethischen Werten auseinandersetzen, um das Verantwortungsbewusstsein zu schulen", fordert der Experte.
Oxford allein genügt nicht
"Eliten sind nicht der Rede wert." - So lautete die provokante These von Dr. Johanna Dahm, Head of Talent Management bei der Novartis Pharma GmbH. "Wenn sich im Unternehmen jemand einer Elite zugehörig fühlt, gehört er nicht mehr zum Unternehmen", so die Personalexpertin, die darauf verweist, dass sich zumindest bei Novartis jeder - unabhängig ob er Absolvent der Universität Oxford oder der Universität St. Gallen sei - nach den gleichen Maßstäben bewähren müsse. Die besten Mitarbeiter hätten keine elitäre, sondern eine Vorbildfunktion: "High Potentials in einem Unternehmen muss es geben, denn sie motivieren die anderen Mitarbeiter dazu, an ihren Leistungen zu arbeiten", so Dahm.
Berufsbegleitendes Studieren erzeugt neue Eliten
AKAD-Geschäftsführer Harald Melcher versteht unter den idealen Eliten eine "Mehrzahl von gebildeten, erfahrenen, leistungsbereiten und moralisch integren Menschen, die unsere Gesellschaft in unterschiedlichen Bereichen und mit Vorbildcharakter entscheidend prägen und weiterentwickeln." Und vor diesem Hintergrund formuliert der AKAD-Chef auch gleich sein Ideal: "In einer vor allem qua Bildung und Weiterbildung soweit entwickelten Gesamtgesellschaft sind rein 'elitäre' Eliten überflüssig." Neue Impulse in der Elitenförderung gelängen insbesondere durch Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten, die unabhängig von Herkunft oder elitärem Habitus seien. Für Melcher birgt ein berufsbegleitendes Studium par Excellence die Möglichkeit einer Erneuerung der Leistungselite. "Nach der Philosophie des Bologna-Prozesses werden Master-Studiengänge erst nach oder gleichzeitig mit beruflicher Erfahrung absolviert. Aus diesen doppelt qualifizierten Absolventen wird die Wirtschaft zusätzlich Eliten generieren.
Die Personaler großer Unternehmen bevorzugen nachweislich schon heute Kandidaten, die parallel Studium und Beruf absolvieren", so Melcher.
Eliten zirkulieren
"Zu Eliten zählen besonders talentierte, leistungsbereite und engagierte Mitglieder einer Gemeinschaft. Ihr Können ist vorbildlich und ihr Wirken meist einflussreich." Dies konstatiert der Hamburger Journalist Dr. Malte Herwig, dessen Buch "Eliten in einer egalitären Welt" sich mit der begrifflich oft negativ konnotierten Thematik der Eliten in Demokratien auseinandersetzt. Für Herwig steht fest, dass sich Eliten dauerhaft wandeln - die Geschichte sei ein Friedhof der Eliten: "Die neue Elite von heute sieht vielleicht morgen schon alt aus. Elitenzirkulation ist nicht nur normal, sondern im Sinne verantwortlichen Elitehandelns sogar wünschenswert. Deshalb wird und muss es auch immer Kritik an Eliten geben."
Fazit
Einig waren sich die Experten in der Ablehnung einer von Leistung unabhängigen Elite. Die derzeitige Kritik an einer Reihe von Wirtschaftsführern gehe auch auf den zuvor öffentlich gezeigten Eliten-Habitus zurück. In der akademischen Ausbildung müsse daher verstärkt auch auf die Integration ethischer Wert geachtet werden. Dies gehe einher mit der moralischen Vorbildfunktion von Wirtschaftseliten. Die Bildung sei letztlich eines der Instrumente, mit denen die Förderung künftiger wirtschaftlicher Eliten - unabhängig von Herkunft und dem Eliten-Habitus - gefördert werden könne.
Bundesweite Vortragsreihe
Die Podiumsdiskussion eröffnet das Jubiläumsjahr zum 50-jährigen Bestehen der AKAD Hochschulen. In der Folge schließt sich die bundesweite Vortragsreihe "Potenziale entwickeln" an: Professoren und Hochschuldozenten werden von Mai bis September 2009 an den Hochschulstandorten in Stuttgart, Leipzig, Pinneberg und Lahr sowie den Studienzentren in Düsseldorf, Frankfurt und München öffentliche Vorträge zu den Themenfelder Wirtschaft, Technik und Kommunikation halten.
Weitere Informationen hierzu unter www.akad.de
50 Jahre AKAD
1959 wurde AKAD in Stuttgart gegründet. Anfangs bereiteten sich hier Berufstätige auf das Abitur vor, dann erweiterte sich das Weiterbildungsangebot sukzessive. Im Jahr 1980 wurde in Schleswig-Holstein die erste der heute vier Hochschulen gegründet, an denen staatlich anerkannte Studiengänge in Wirtschaft, Technik und Kommunikation absolviert werden können.
Bis heute zählt AKAD rund 50.000 Absolventen. Unter ihnen finden sich viele Top-Manager großer Unternehmen oder hohe staatliche Funktionsträger. An den vier AKAD Hochschulen studieren derzeit rund 9.000 Berufstätige.