Der vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden bereits zum zweiten Mal in Folge bekannt gegebene signifikante Rückgang bei den Quartalszahlen der der Behörde gemeldeten vorgeburtlichen Kindstötungen (1. Quartal 2021: minus 7 Prozent; 2. Quartal 2021: minus 8,5 Prozent) lässt aufhorchen. Aus Sicht von Lebensrechtlern verdient dieses Phänomen eine genauere Untersuchung. Nicht nur, weil die Statistiker eigenen Angaben zu Folge anhand der Datenstruktur bisher „keine eindeutige Ursache“ für den Rückgang ausmachen können, sondern auch, weil sich mit der Entlassung der „Pille danach“ aus der Rezeptpflicht im März 2015 und der Reform des Werbeverbots für Abtreibungen (§ 219a StGB) im März 2019 einige die lange Zeit gültigen Rahmenbedingungen geändert haben.
Sowohl die rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“, die nicht nur den Eisprung, sondern auch die Einnistung einer bereits befruchteten Eizelle verhindern kann, als auch die mit der Reform des § 219a StGB abtreibungswilligen Frauen eröffnete Möglichkeit, sich unter Umgehung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Beratung direkt an Abtreibungsärzte zu wenden, werfen die Frage auf, ob tatsächlich weniger Kinder abgetrieben werden, oder ob stattdessen nur die dem Amt gemeldeten Abtreibungen zurückgehen.
Andererseits verzeichnet die ALfA seit einiger Zeit eine stetig wachsende Nachfrage bei ihren Informations- und Hilfsangeboten. Sowohl die Abgabe von Unterrichtsmaterialien für Lehrer und Schüler (Schulmappe), als auch ihre wöchentlich erscheinenden Informationsangebote, wie der ALfA-Newsletter und der ALfA-Podcast „Life Talks“, erfreuen sich wachsender Abo- bzw. Zugriffszahlen. Auch die Beratungen unerwartet schwanger gewordenen Frauen durch die 24 Stunden besetzte Beratungs-Hotline vitaL (0800 36 999 63) verzeichnet ein stetiges Plus.
Zudem deuten die sensationellen Verkaufszahlen der DVD des in den Medien weitgehend totgeschwiegenen Films „Unplanned“, der die Lebensgeschichte der US-Amerikanerin Abby Johnson erzählt, die sich von der Leiterin einer Abtreibungsklinik zu einer überzeugten Lebensrechtlerin wandelt in dieselbe Richtung. Und nicht zuletzt der wachsende Zulauf beim jährlich stattfindenden „Marsch für das Leben“ gerade bei Frauen im gebärfähigen Alter gibt Anlass zu der Vermutung, dass die Sensibilität dafür, dass auch ungeborene Kinder ein Recht auf Leben besitzen, wieder wächst. Mit all dem korreliert zumindest die Tatsache, dass das Statistische Bundesamt im Februar und März einen Anstieg bei den Geburten um 6 beziehungsweise 10 Prozent vermelden konnte.
So oder so gehört der aus Sicht von Lebensrechtlern zunächst erfreuliche Rückgang der dem Statistischen Bundesamt gemeldeten Abtreibungen eingehend untersucht. Nicht nur weil sichergestellt werden muss, dass die Statistik das Abtreibungsgeschehen in Deutschland auch annährend zutreffend abbildet, sondern auch, weil das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Nachbesserungspflicht für den Fall auferlegt hat, dass die gesetzlichen Bestimmungen das Rechtsgut Leben nicht ausreichend schützen (Untermaßverbot).