Die gestern verabschiedete SoHo Verordnung ist ein weiteres Beispiel dafür, wie ein gut gemeintes Anliegen der EU durch das Ignorieren ethischer Standards keinen Schritt vorwärts, sondern einen Schritt zurück bedeuten. Ursprünglich sollte die SoHo Verordnung dazu dienen, die Sicherheits- und Qualitätsstandards für Substanzen menschlichen Ursprungs europaweit zu harmonisieren und damit den Schutz sowohl für Spender als auch Empfänger dieser Substanzen zu verbessern.
Das wäre möglich gewesen, ohne menschliche Embryonen als „Substanz menschlichen Urpsrungs“ mit Blut, Plasma und Gewebe auf eine Stufe zu stellen, und ohne Ei- und Samenzellen mit einzuschließen. So aber setzt die SoHo Verordnung die Länder unter Druck, in denen die sogenannte „Eizellspende“ verboten ist, und in denen menschliche Embryonen nicht als Rohstoffe betrachtet werden, die man nach Belieben verbrauchen, verkaufen und verwerten kann. Zu diesen Ländern gehört auch Deutschland, dessen Rechtsprechung dem menschlichen Embryo ab dem frühesten Moment seiner Existenz Würde zu erkennt und diesen daher durch das Embryonenschutzgesetz unter besonderen Schutz stellt. Ein Embryo ist ein Mensch im frühesten Stadium seiner Entwicklung, der mit eigener, individueller DNA ausgestattet ist und sich, wenn man ihn lässt, zu einer für alle zweifelsfrei erkennbaren menschlichen Person entwickelt.
„EU-Verordnungen“ stellen, anderes als „EU-Richtlinien“, verbindliche Rechtsakte dar, die von sämtlichen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in vollem Umfang umgesetzt werden müssen. Sie greifen also wesentlich tiefer in die nationalstaatliche Souveränität ein.
Es ist daher sehr zu begrüßen, dass eine der zentralen Forderungen der ALfA bei der endgültigen Fassung der SoHo Verordnung umgesetzt wurde. In dieser nun beschlossenen Fassung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nationale Gesetze, die aus ethischen Gründen eine strengere Auslegung dessen vorsehen, wie mit „Substanzen menschlichen Ursprungs“ zu verfahren ist, auch weiterhin gelten.
Anders sieht es bei der Umsetzung der Verordnung bezüglich reproduktiver Zellen aus. Hier sieht die Verordnung zwar ebenfalls vor, dass Mitgliedsstaaten strengere Regeln zur Verbreitung von Ei- und Samenzellen erlassen können, allerdings müssen diese „im Einklang mit europäischem Recht“ stehen und dürfen keine diskriminierende Wirkung entfalten, beispielsweise gegenüber Menschen eines bestimmten Geschlechts oder einer bestimmten sexuellen Orientierung. Ob die deutsche Praxis, nach der die Eizellspende verboten ist, sich dann noch halten lässt, wird sich zeigen: Bislang wird die Forderung nach Zulässigkeit von Eizellspende und Leihmutterschaft vor allem auch mit dem Antidiskriminierungsgebot gegenüber Personen begründet, die sich auf Grund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung nicht selbst fortpflanzen können.