Augsburg. Die Forderungen sind so wenig neu wie überflüssig: der Forschung mit menschlichen Embryonen hat der deutsche Gesetzgeber im Embryonenschutzgesetz aus gutem Grund einen Riegel vorgeschoben. Seit seiner Verabschiedung vor dreißig Jahren hat sich die grundsätzliche ethische und rechtliche Bewertung des Status des Embryos nicht geändert, sondern ist vielmehr auf Grund der Erkenntnisse der Embryologie klarer und eindeutiger begründbar geworden. Der Mensch entwickelt sich vom Moment der Befruchtung an mit großer Zielgerichtetheit und Geschwindigkeit als Mensch, aber nicht - wie nun höchst unwissenschaftlich von der höchsten wissenschaftlichen Akademie des Landes insinuiert – von der „Zellkugel“ zum Menschen.
„Wer solche Formulierungen wider besseres Wissen wählt, und davon darf bei einer Riege prominenter Forscher ausgegangen werden, tut dies zu einem bestimmten Zweck: er möchte das Menschsein des menschlichen Embryos schlicht leugnen, um ihn für die Forschung nutzbar zu machen,“ so Kaminski. „Das wäre noch ansatzweise zu verstehen, keinesfalls jedoch zu billigen, wenn die Forschung mit menschlichen Embryonen tatsächlich Heilungserfolge versprechen würde. Das ist jedoch mitnichten nicht der Fall.“
Seit über dreißig Jahren, so Kaminski, werde weltweit mit embryonalen Stammzellen geforscht, mit genau den Heilsversprechen, die auch die Leopoldina jetzt zur Begründung ihrer Forderung nach Nutzbarmachung der Embryonen aus der Schublade ziehe. „Die Wahrheit ist: Embryonale Stammzellen werden vom Körper als fremd erkannt und abgestoßen, damit behandelte Patienten müssten ein Leben lang Medikamente nehmen, um das Immunsystem von einer Attacke abzuhalten, die Sorge, dass embryonale Stammzellen dazu neigen, zu entarten und zu Tumoren zu werden, besteht nach wie vor.“ Bislang konnte keine einzige Studie einen Therapieerfolg mit menschlichen embryonalen Zellen nachweisen. Längst haben daher ethisch unbedenkliche iPS (induzierte pluripotente Stammzellen) den menschlichen embryonalen Stammzellen in der Forschung den Rang abgelaufen, wie ein Blick in die Studienlage zeigt.
Zu den Forderungen der Leopoldina gesellt sich die Internationale Gesellschaft für Stammzellforschung (ISSCR), die dafür plädiert, aus menschlichen Stammzellen hergestellte Embryonen künftig so lange im Labor kultivieren dürfen, wie es einem Forschungszweck dient. „Hier wird eine schöne neue Forschungswelt gefordert, in der der Mensch in seiner schutzwürdigsten Form nur noch ein würdeloses Objekt ist, dass dem Streben einer entfesselten Riege von Wissenschaftlern nach Ruhm und Anerkennung ohne Einschränkungen zur Verfügung zu stehen hat“, so Kaminski. „Der deutsche Gesetzgeber täte gut daran, solchen Forderungen nicht nachzugeben.“