Doch diese Wirtshaustradition scheint seit vielen Jahren gewaltig an Bedeutung zu verlieren. Laut einer aktuellen Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt haben viele Wirtshäuser auf dem flachen Land in den letzten Jahren ihre Türen geschlossen. "Wo die Wirtschaft stirbt, stirbt der Ort", so die Kernthese. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt der jüngst vorgelegte Betriebsvergleich des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Universität München (dwif): "Zu massiven Bereinigungen kam es erneut bei Gasthöfen und Schankwirtschaften (...). Da dieser Betriebstyp für die gastronomische Grundversorgung von großer Bedeutung ist, gibt diese Entwicklung mit Blick auf eine geringere Versorgungsdichte strukturpolitisch zu denken."
"Wir wollen die vielen positive Beispiele unterstützen und hervorheben um anderen Mut zu machen", betonte Brandl. Getreu dem Motto "Wo Wirtshäuser leben können, hat auch der ländliche Raum eine Chance!" erarbeiteten die Teilnehmer Antworten auf Fragen, wie "Kann und soll dagegen etwas unternommen werden?" oder "Wie stemmt man sich gegen den negativen Trend?".
Die Verwendung regionaler Produkte im saisonalen Wechsel, das Erschließen von zusätzlichen Absatzmärkten durch Catering, die Zusammenarbeit mit Vereinen, die mittägliche Verpflegung von Kindergarten- und Schulkindern oder das konsequente Ausrichten an den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe sind dabei nur einige Aspekte, die seitens der Wirte umgesetzt werden können.
Der Vorsitzende des Bayerischen Heilbäder-Verbandes und CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Holetschek sagte, die Politik müsse die Rahmenbedingungen für den Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur auf den Prüfstand stellen. "Ich denke, hier gibt es durchaus noch Luft nach oben, um die Betreiber von Dorfwirtschaften zu unterstützen. Zunächst sollte der Gesetzgeber bei der Umsatzsteuer ansetzen", so Holetschek, der auch der Vorsitzende des Tourismusverbandes Allgäu/Bayerisch-Schwaben ist.
Er wird dazu mit Kollegen aus der CSU-Fraktion versuchen, einen Antrag in den Bayerischen Landtag einzubringen. Darin fordert er die Vereinheitlichung des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie auf 7 Prozent und bezieht sich auf eine Untersuchung des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an der Universität München (dwif). "Danach wurde im Bereich des Beherbergungsgewerbes seit der Reduzierung des Umsatzsteuersatzes im Jahr 2010 in Bayern mehr als eine Milliarde Euro investiert. Drei Viertel davon beruhen auf der Umsatzsteuersenkung." Die Zahl der Gasthöfe und Schankwirtschaften ging dagegen von 2008 bis 2011 um 1.500 Betriebe oder um 14 Prozent zurück. Aus diesem Grund befürwortet auch das dwif eine Ermäßigung der Umsatzsteuer für die Gastronomie.
Der Bayerische Heilbäder-Verband unterstütze außerdem die Massen-Petition "7 statt 19", so Holetschek weiter. "Hier ziehen wir mit dem DEHOGA an einem Strang."
Weil das Wirtshaussterben den ländlichen Raum in Bayern schwächen würde, hat Holetschek mit Fraktionskollegen der CSU einen zweiten Antrag im Landtag eingereicht. "Wir möchten, dass es bei Neugründungen oder Übernahme von Dorfwirtschaften keine bürokratischen Hindernisse gibt", so Holetschek. "Das soll die Staatsregierung näher prüfen. Außerdem soll sie untersuchen, ob es für Dorfgaststätten eventuell Fördermöglichkeiten im Rahmen der Städtebauförderung und der Dorferneuerung gibt." Untersucht werden soll nach dem Willen der CSU-Fraktion außerdem, ob die Bedingungen der konzessionierten Betriebe verbessert werden können.
Den Ausführungen Holetscheks pflichtete auch Britsch bei: "Voraussetzung für den Fortbestand der Wirtshaustradition ist ein einheitlich reduzierter Steuersatz für das gesamte Gastgewerbe. Zudem dürfen immer mehr Auflagen nicht dazu führen, dass es immer weniger Betriebe gibt, für die sie gelten."
Brandl: "Aller Ideenreichtum und Können der Wirte sind zwar wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Betrieb, ohne faire Wettbewerbsbedingungen kann jedoch auf Dauer kein Konzept wirtschaftlich aufgehen." So schloss er sich in seinem Fazit der Einschätzung der Wissenschaftler des dwif an: "Die Einführung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes (...) wäre für Gastronomiebetriebe zumindest genauso notwendig gewesen."
Tourismus in Zahlen
Bayern ist nach wie vor die beliebteste Tourismusdestination Deutschlands. Der Jahresumsatz beträgt über 31 Milliarden Euro, rund 560.000 Menschen verdienen ihr Einkommen im Tourismus.
Allein die bayerischen Heilbäder, in denen ein Drittel aller touristisch bedingten Übernachtungen in Bayern gezählt werden, erzielen eine Wertschöpfung in Höhe von 3,2 Mrd. Euro und beschäftigen 100.000 Menschen. Im Bereich des Tourismusverbandes Allgäu / Bayerisch-Schwaben erzielt der Tourismus eine Wertschöpfung von rund 5 Milliarden Euro, rund 90.000 Menschen arbeiten in dieser Branche.
Hotellerie und Gastronomie bilden das Rückgrat der bayerischen Leitökonomie Tourismus. Für rund 354 000 Beschäftigte bietet die Branche im Freistaat Arbeit, das entspricht über 7 Prozent aller Arbeitsplätze Bayerns. Darüber hinaus befindet sich nahezu jeder zehnte bayerische Ausbildungsplatz in einem Hotel oder einem Gastronomiebetrieb.
Neben der großen Bedeutung der Branche als Ausbilder und Arbeitgeber, gibt es eine weitere Besonderheit: Heilbäder und Gastgewerbe bieten ihre Arbeits- und Ausbildungsplätze bis in den letzten, oftmals strukturschwachen Winkel Bayerns hinein an, in Regionen, aus denen sich andere Industrien und Dienstleister längstens zurückgezogen haben.