Der elektrische Schienenverkehr muss von 2013 an seine Emissionsrechte zu 100 Prozent ersteigern. Der Straßenverkehr, der in Deutschland 85 Prozent aller CO2-Emissionen des gesamten Verkehrs verursacht, bleibt weiterhin völlig vom Emissionshandel befreit. Den Flugverkehr bindet die neue EU-Richtlinie zwar ab 2013 erstmals in den CO2-Emissionshandel ein, entlastet ihn aber zugleich wieder: Nur 15 Prozent der Emissionen müssen tatsächlich bezahlt werden, 85 Prozent der Verschmutzungs-Kosten werden erlassen. Das Flugzeug ist der Verkehrsträger mit den schlechtesten Pro-Kopf-Emissionen. Nach Ansicht von Hans-Gerd Marian, Bundesgeschäftsführer der NaturFreunde Deutschlands, ist das "eine absurde Vorstellung. Ausgerechnet mit Regelungen zum Klimaschutz wird der umweltfreundliche Verkehrsträger Eisenbahn gegenüber dem Flugverkehr weiter benachteiligt. Es wird endlich Zeit, umzusteuern und die Schiene steuerlich zu entlasten und den Flugverkehr stärker zu belasten." Richard Mergner, verkehrspolitischer Sprecher des BUND, wirft der EU Halbherzigkeit vor: "Trotz der alarmierenden Zahlen wird die Klimawirkung des Flugverkehrs bis heute unterschätzt. Nur zaghaft und halbherzig werden erste Schritte getan: Das EU-Parlament hat zwar beschlossen, den Luftverkehr in den EU-Emissionshandel einzubeziehen. Allerdings sind die Vorgaben viel zu lasch."
In einer neuen Studie, die das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erstellt hat, werden die voraussehbaren Wettbewerbsverzerrungen anhand verschiedener Szenarien erstmals konkret beziffert. Durch ungleichen Emissionshandel ausgelöste Verkehrsverlagerungen führen danach zu einem Anstieg des CO2-Ausstoßes um rund 800.000 Tonnen im Jahr. In Deutschland verlöre der Schienenpersonenverkehr rund 2,5 Millionen Kunden jährlich. Bei Gleichbehandlung aller Verkehrsträger könnte er über 30 Millionen Kunden gewinnen. "Auf diese Weise wird die EU ihr Klima-Ziel nicht nur nicht erreichen", sagt Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Flege. "Mit schlechtgemachten Regeln produziert sie sogar noch CO2-Zuwächse."
Für NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller ist die jahrelange Ungleichbehandlung der Schiene zum Luftverkehr ein klimapolitischer Skandal: "Das Wachstum am Himmel erfolgte auf den Schultern der Umwelt und aller Bürger, die Lärm- und Abgaskosten über den Steuerumweg doch noch bezahlen müssen." Auf welch tönernen Füßen insbesondere die Billigflieger wirtschaften, werde sich zeigen, wenn mit dem Emissionshandel ein erster, notwendiger Schritt zur Beendigung der Subventionierung getan wird. Auch für Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelt Hilfe (DUH) kann die Einbindung des Flugverkehrs in den Emissionshandel "nur ein erster Schritt sein. Um den Anforderungen des Klimaschutzes auch im Verkehrssektor endlich nachzukommen, ist die Offenlegung der externen Kosten aller Verkehrsträger überfällig."
Laut Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist der Flugverkehr besonders klimaschädlich, da in großer Höhe ausgestoßene Gase eine stärker erwärmende Wirkung haben, als am Boden. Das International Panel on Climate Change (IPCC) schätze die Wirkung auf das Zwei- bis Vierfache. Weltweit habe der Flugverkehr bereits jetzt einen Anteil von acht Prozent am Ausstoß von Klimagasen. Nach Berechnungen des Wuppertal- Instituts für Klima, Umwelt und Energie wird in Deutschland der Flugverkehr die Klimawirkung des Straßenverkehrs bereits 2013 übertreffen. Michael Gehrmann, VCD-Bundesvorsitzender: "Es ist inakzeptabel, dass ausgerechnet das klimaschädlichste Verkehrsmittel die größten steuerlichen Vergünstigungen erhält. Die klimaschädlichen Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Verkehrsträgern müssen endlich beendet werden. Dazu gehört, dass die Zertifikate für den Flugverkehr vollständig versteigert werden müssen."
Weitere Informationen: ZEW-Studie zur unterschiedlichen Einbindung der Verkehrsarten in den Emissionshandel zum Download unter www.allianz-pro-schiene.de