Der Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit (SCoFCAH) der EU hatte vergangenen Montag Pläne der Kommission zurückgewiesen, das Importverbot aufzuheben. Die Lösung des Konflikts, dem gemessen am Anteil des transatlantischen Handels eine Randbedeutung zukommt, hat eine enorme Signalwirkung für die transatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen.
Seit 1997 besteht in der EU ein Importverbot für Geflügelfleisch aus den Vereinigten Staaten. Grund hierfür ist, dass US-Hersteller niedrig konzentriertes Chlorwasser zur Säuberung des Hühnerfleisches vor dem Verkauf verwenden, was in der EU verboten ist. Die USA betrachtet das Verhalten der EU jedoch als Verstoß gegen internationales Handelsrecht. Entsprechend wurde der Geflügel-Streit als eine der Prioritäten in die Agenda des Transatlantischen Wirtschaftsrates aufgenommen, der 2007 auf Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel eingerichtet worden war, um bestehende, vor allem regulatorische Hemmnisse in den transatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen abzubauen.
Für die US-Administration kommt der Aufhebung des Importverbots dabei derartige Bedeutung zu, dass laut dem Co-Chair des Transatlantikrats auf amerikanischer Seite, Daniel Price, ein Scheitern diesen konkreten Konflikt zu lösen, den gesamten Transatlantischen Wirtschaftsrat in Frage stellt.
Günter Verheugen, Co-Chair auf europäischer Seite und Vizepräsident der EU-Kommission, hatte demgemäß beim letzten Treffen des Transatlantikrats Mitte Mai eine Lösung zur Aufhebung des Importverbots noch vor dem nächsten EU-US Gipfel am 10. Juni in Aussicht gestellt. Mit einem 26:1-Votum lehnten nationale Experten des SCoFCAH jedoch am 2. Juni einen entsprechenden Vorschlag der Kommission ab.
AmCham Germany appelliert an beide Seiten, weiterhin mit Nachdruck an der Lösung des konkreten Importkonflikts zu arbeiten, warnt jedoch gleichzeitig davor, nicht den Erfolg der gesamten Transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft davon abhängig zu machen und aufs Spiel zu setzen.
Es gibt viele weitere unerledigte Themen auf der Agenda, wie Sicherheitsanforderungen im Containerverkehr zur Terrorabwehr, den Abbau beiderseitiger Barrieren für Investoren, die Harmonisierung von Verfahren bei Patentierungen und das wechselseitige Anerkennen von Standards bzw. Testverfahren für die Sicherheit von Produkten, wie für Kosmetika, Medizinprodukte, elektronische Geräte oder Biotreibstoffe.
"Die richtige Perspektive muss gewahrt werden", so Dr. Dierk Müller, General Manager, AmCham Germany. "Das vom Geflügel-Streit betroffene Handelsvolumen lässt sich mit ca. 16 Mio. EUR pro Jahr beziffern. Dies ist nicht nur ein äußerst geringer Teil des gesamten gegenseitigen Handelsaustausches. Vielmehr würde uns durch das Scheitern des TEC auf beiden Seiten des Atlantiks eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts bis zu 3,5% entgehen. Dies ist der geschätzte Wert, mit dem die Maßnahmen der Transatlantischen Wirtschaftspartnerschaft beziffert werden. Deren erfolgreiche Fortführung sollte deshalb unser aller Ziel sein und mit dieser positiven Einstellung sollten wir in das nächste EU-US Gipfeltreffen am 10. Juni gehen."