Prof. Dr. med. Peter Flachenecker, Vorsitzender des Ärztlichen Beirats der AMSEL und Chefarzt im Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof in Bad Wildbad, führte die über 100 Teilnehmer durch das Programm des Symposiums, das von der Landesärztekammer als Fortbildungsveranstaltung anerkannt war. „Wenn wir Hausärzte nicht richtig diagnostizieren, dauert es oft zwei bis drei Jahre (länger) bis zur Diagnose", war eine Teilnehmerin überzeugt. Die Allgemeinmedizinerin findet solche Fortbildungen, die die AMSEL regelmäßig für Ärzte anbietet, daher wichtig und folgte der Einladung gern.
MS-spezifische Fortbildung zu sechs MS-relevanten Themen
Prof. Dr. med Achim Berthele, leitender Oberarzt am Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, sprach über die 2021 neu erschienene MS-Leitlinie und die viel diskutierte Frage, ob und wann eine Therapie „hit hard and early“ oder „treat to target“ erfolgen sollte, also entweder von Beginn der Erkrankung an mit hochwirksamen Medikamenten angesetzt sein sollte oder die Stärke der Medikamente im Verlauf angepasst werden sollte. Prof. Dr. med. Tjalf Ziemssen, Direktor des Zentrums für klinische Neurowissenschaften und stellvertretender Klinikdirektor an der neurologischen Universitätsklinik Dresden, stellte die Arbeit seiner Forschungsgruppe im „MS living lab“ vor, die einen digitalen Zwilling zum Ziel hat. So könnte ein modular zusammengesetzter Patienten-Pfad, der alle medizinischen Daten digital erfasst, langfristig die Therapiequalität verbessern und mögliche Verschlechterungen bereits vor Eintritt prognostizieren.
Dass für ganz bestimmte MS-Patientengruppen die Stammzelltransplantation eine geeignete Alternative zur medikamentösen Eskalationstherapie mit kalkulierbaren Risiken sein könne, zeigte Prof. Dr. med. Christoph Heesen, Oberarzt und Leiter der MS-Ambulanz der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf. Prof. Dr. med. Ingo Kleiter, Ärztlicher Leiter und Medizinischer Geschäftsführer der Marianne-Strauß-Klinik in Berg, bekräftigte in seinem Vortrag, dass es bei der MS-Schmerzbehandlung ein interdisziplinäres Team brauche, um allen Aspekten der mit MS einhergehenden Schmerzen, dem fünfthäufigsten Symptom bei MS, adäquat zu begegnen. Ähnlich multimodal sei auch die Palliativmedizin angelegt, erklärte Dr. med. Veronika Dunkl, Fachärztin für Neurologie am Zentrum für Palliativmedizin des Universitätsklinikums Köln. Wichtig sei, Palliativmedizin nicht als das Ende zu verstehen, sondern als Unterstützung im Sinne einer „early integration“. Heike Meißner, Klinische Neuropsychologin GNP und Psychologische Psychotherapeutin am Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof in Bad Wildbad ging auf die Fahreignung bei MS ein: wie diagnostizieren, wie kommunizieren. Viele klinische Symptome der MS könnten die Fahrsicherheit beeinträchtigen. Allerdings gebe es auch Möglichkeiten, bestehende Handicaps mit technischen Maßnahmen wie einer Automatikschaltung auszugleichen.
Mit der regelmäßigen Fortbildung von Ärzten trägt AMSEL e.V. dazu bei, dass MS-Erkrankte optimal nach neuesten Erkenntnissen medizinisch behandelt werden können und ihre Lebenssituation nachhaltig verbessert werden kann.