Im renommierten Wissenschaftsjournal „Science“ der amerikanischen Gesellschaft zur Förderung der Naturwissenschaften ist am 13. Januar 2022 eine Arbeit US-amerikanischer Forscher der Harvard Chan School of Public Health erschienen, für die insgesamt 10 Millionen amerikanische Militärangehörige in einer Längsschnitt-Studie untersucht wurden. Bei 955 Teilnehmern wurde eine MS festgestellt, bei 801 der MS-Patienten wurde die letzte vor Krankheitsbeginn abgenommene Blutprobe untersucht, um zu ermitteln, mit welchen Erregern die Patienten vor Ausbruch der Erkrankung Kontakt hatten. Alle bis auf einen Patienten hatten Antikörper gegen EBV, hatten also einmal eine EBV-Infektion durchgemacht. Die Autoren konnten zeigen, dass das Risiko für eine MS nach einer EBV-Infektion um etwa den Faktor 32 höher lag – ein solcher Zusammenhang konnte für keine andere virale Infektion gefunden werden. Aus diesen Daten leiten die Autoren ab, dass das Epstein-Barr-Virus die Hauptursache der Multiplen Skleros e darstellt.
Doch mehr als 90% der Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit dem Epstein-Barr-Virus, das zur Gruppe der Herpes-Viren gehört. Aber nur wenige Menschen (im Verhältnis) dazu erkranken tatsächlich an MS. Das deutet darauf hin, dass noch andere Faktoren als die EBV-Infektion für die Entwicklung einer MS hinzukommen müssen. „Insofern bestätigt diese methodisch gut gemachte Studie die bereits lange gehegte Vermutung, dass EBV eine wesentliche Ursache bei der Entstehung der MS darstellt“, erklärt Prof. Dr. med. Peter Flachenecker, Arzt im Vorstand und Vorsitzender des Ärztlichen Beirats der AMSEL e.V., betont aber, dass die Studie die genauen Mechanismen für die Entstehung einer MS durch das EBV nicht erkläre und andere wichtige Risikofaktoren wie verminderte Sonnenstrahlung, Nikotin, Übergewicht im Kindesalter oder genetische Faktoren unberücksichtigt lasse. „Wie diese verschiedenen Faktoren zusammenwirken und inwieweit sich daraus therapeutische Konsequenzen ableiten lassen, is t nach wie vor unklar“, schließt der Chefarzt des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof in Bad Wildbad.
Das Epstein-Barr-Virus, das im Kindesalter meist zu symptomlosen Infektionen, bei Jugendlichen aber zu der häufig sehr unangenehmen und schweren infektiösen Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber, „Kissing Disease“) führen kann, ist schon seit vielen Jahren als Risikofaktor der Multiplen Sklerose bekannt. Insbesondere bei manifester infektiöser Mononukleose konnte gezeigt werden, dass das Risiko eine MS zu entwickeln um bis zu 20 mal höher ist.
Multiple Sklerose ist die häufigste entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems, das Gehirn und Rückenmark betrifft. Die Symptome der bislang unheilbaren Krankheit reichen von Taubheitsgefühlen über Seh-, Koordinations- und Konzentrationsstörungen bis hin zu Lähmungen. In Baden-Württemberg sind ca. 35.000 Menschen an MS erkrankt. AMSEL e.V. unterstützt Betroffene und Angehörige im Umgang mit der Erkrankung und bietet seit 1974 als Fachverband, Interessenvertretung und Selbsthilfeorganisation umfassende Informationen rund um die MS. Mehr auf www.amsel.de.
Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems. Aus bislang noch unbekannter Ursache werden die Schutzhüllen der Nervenbahnen an unterschiedlichen Stellen angegriffen und zerstört, Nervensignale können in der Folge nur noch verzögert oder gar nicht weitergeleitet werden. Die Symptome reichen von Taubheitsgefühlen über Seh-, Koordinations- und Konzentrationsstörungen bis hin zu Lähmungen. Die bislang unheilbare, aber mittlerweile behandelbare Krankheit bricht gehäuft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr aus.
MS in Zahlen
34.500 MS-Kranke in Baden-Württemberg
3,2 MS-Kranke pro 1.000 Einwohner in Baden-Württemberg
1.800 Neuerkrankungen pro Jahr in Baden-Württemberg
5 Diagnosen täglich in Baden-Württemberg
252.000 MS-Kranke deutschlandweit
1,2 Mio. MS-Kranke europaweit
2,8 Mio. MS-Kranke weltweit